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Im ersten Blog-Beitrag nach der Sommerpause schieben wir die neuen MDCG-Dokumente ein, die konkret klinische Prüfungen mit Medizinprodukten betreffen. In diesem Beitrag stellen wir beide Dokumente vor und gehen auf die Punkte ein, die für Sponsoren und somit auch die Hersteller von Belang sein können.

Abkürzungen

CE              Marking on a product to signify that it meets the legal requirements to be sold on the extended Single Market in the European Economic Area (EEA).

CIP             Clinical investigation plan

DMIDS         Deutsches Medizinprodukte-Informations- und Datenbanksystem

EUDAMED    European database on medical devices

GSLA           Grundlegende Sicherheits- und Leistungsanforderungen

IVDR           Verordnung (Eu) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates über In-Vitro-Diagnostika

MDCG          Medical Device Coordination Group

MDR            Medical Device Regulation; EU-Verordnung 2017/745

MPI             Medizinprodukteinformationssystem

MS              Member State

NCA            National Competent Authority

PMCF           Post-market clinical follow-up

REC             Research ethics committee

Zugrundeliegende Regularien

EU-Verordnung 2017/745 (MDR)
MDCG 2021-6
MDCG 2021-8

1. Einleitung

Die Medical Device Coordination Group (MDCG) veröffentlicht regelmäßig und kontinuierlich sogenannte Guidance-Dokumente zur MDR. Dies erfolgt gemäß Artikel 105 der MDR und Artikel 99 der IVDR. Die Dokumente werden in Zusammenarbeit mit interessierten Parteien, die in den verschiedenen Gruppen vertreten sind, verfasst und sind in folgendem Format angegeben: "MDCG Jahr-Nummer-Revision".

Die MDCG setzt sich aus Vertretern aller Mitgliedstaaten zusammen, und ein Vertreter der Europäischen Kommission führt den Vorsitz. Die Dokumente sind keine Dokumente der Europäischen Kommission und können nicht als offizieller Standpunkt der Europäischen Kommission angesehen werden. Alle in diesem Dokument geäußerten Ansichten sind rechtlich nicht bindend, und nur der Gerichtshof der Europäischen Union kann eine verbindliche Auslegung des Unionsrechts vornehmen.

Sie stellen lediglich eine gemeinsame Auffassung darüber dar, wie die MDR und die IVDR in der Praxis angewendet werden sollten, damit eine wirksame und harmonisierte Umsetzung der Rechtsvorschriften erreicht werden kann.

Dieser Beitrag beschäftigt sich nun mit den beiden neu veröffentlichten MDCG-Dokumenten 2021-6 und 2021-8.

Dabei richtet sich das Dokument MDCG 2021-6 „Regulation (EU) 2017/745 – Questions & Answers regarding clinical investigation“ an Sponsoren von klinischen Prüfungen von Medizinprodukten, die im Geltungsbereich der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) durchgeführt werden. Es behandelt Fragen und Antworten und kann zu gegebener Zeit durch weitere Fragen und Antworten ergänzt werden.

Das Dokument MDCG 2021-8 „Clinical investigation application/notification documents” adressiert dagegen die beim Antrag auf eine klinische Prüfung einzureichenden Dokumente.

2. Neue MDCG-Dokumente

2.1 MDCG 2021-6

Insgesamt 28 allgemeine Fragen und zugehörige Antworten umfasst dieses MDCG-Dokument, das im vergangenen April veröffentlicht wurde:

Dabei wird zum einen auf die Unterschiede zwischen der MDR und der vorherigen Richtlinie 93/42/EWG eingegangen:

What are the general differences and improvements related to clinical investigations under the new Regulation (EU) 2017/745 (MDR) as compared to the Directives 93/42/EEC and 90/385/EEC?

Im Grunde gibt es hier keine, außer dass die MDR ein anderes, verbindlicheres Regelwerk darstellt, anhand dessen eine einheitlichere und vorhersehbarere Durchführbarkeit von klinischen Prüfungen gewährleistet werden soll.

Neben der Definition der klinischen Prüfung, die der MDR entnommen wurde (Frage 2) ist die dritte Fragestellung wieder interessant:

What is the difference between the performance, clinical performance and clinical benefit?

Gemäß der MDR ist die Leistung (Definition s. Artikel 2(22) der MDR) eines Produkts die Fähigkeit des Produkts, seine vom Hersteller angegebene Zweckbestimmung zu erfüllen. Im weiteren Sinne ist die klinische Leistung (Definition s. Artikel 2(52) der MDR) eines Medizinprodukts die Fähigkeit des Produkts, seine Zweckbestimmung zu erfüllen und dadurch bei bestimmungsgemäßem Gebrauch einen klinischen Nutzen (Definition s. Artikel 2(53) der MDR) zu erbringen. Der klinische Nutzen ist die positive Auswirkung eines Produkts auf die Gesundheit einer Person, ausgedrückt in Form eines aussagekräftigen, messbaren, patientenrelevanten klinischen Ergebnisses (einschließlich diagnosebezogener Ergebnisse) oder einer positiven Auswirkung auf das Patientenmanagement oder die öffentliche Gesundheit.

Abb. 1 Definition von Leistung, klinischer Leistung und dem klinischen Nutzen.

Bisher wurde nie so exakt nach Leistung (zur Erfüllung der Zweckbestimmung) und klinischer Leistung (Leistung zur Erbringung des klinischen Nutzens, also die klinischen Aspekte der Leistung) unterschieden.

Das ist aber wichtig, nicht nur in Bezug auf klinische Prüfungen bei der Wahl der primären und sekundären Endpunkte, sondern auch beim Festlegen der Claims (Behauptungen) eben zur klinischen Leistung im Rahmen der klinischen Bewertung.

Die neunte Frage umfasst das Thema „zusätzliche belastende Untersuchungen“ und definiert diese im Einklang mit Artikel 74.

„Zusätzliche Verfahren, die eine Belastung darstellen, können eine Vielzahl unterschiedlicher Eingriffe umfassen, darunter Verfahren, die Schmerzen, Unbehagen, Angst, potenzielle Risiken oder Komplikationen/Nebenwirkungen, Störungen des Lebens und persönlicher Aktivitäten oder andere unangenehme Erfahrungen verursachen können. Sie wird meist aus der Perspektive der Person bestimmt, die die Belastung trägt.

Weitere invasive Verfahren sind unter anderem das Eindringen in das Körperinnere durch die Körperoberfläche, auch durch die Schleimhäute von Körperöffnungen, oder das Eindringen in eine Körperhöhle durch eine Körperöffnung.“

Dazu zählen beispielsweise bereits Blutabnahmen oder auch Biopsien, die zusätzlich im Rahmen der klinischen Prüfung durchgeführt werden und nicht zum klinischen Routinealltag gehören.

Hier herrscht jedoch noch Unsicherheit und es empfiehlt sich im Rahmen der jeweiligen klinischen Prüfung, die Ethikkommission und auch die Behörde zu kontaktieren, um bei ggf. strittigen Fragestellungen bzgl. der zusätzlichen Belastung die richtige Entscheidung hinsichtlich Antrag treffen zu können.

Insgesamt beschäftigen sich viele Fragen mit dem korrekten regulatorischen Weg, der in der jeweiligen Konstellation des Medizinproduktes bzgl. einer klinischen Prüfung beschritten werden muss. Hier geht es um die Artikel 62, 74 und auch 82 der MDR. Hierzu beraten wir individuell gerne im Rahmen unserer kostenlosen Erstberatung.

Ab Frage 15 bis einschließlich Frage 20 wird auf Änderungen des klinischen Prüfplans (Amendments) eingegangen und die Fragen 21 bis 28 befassen sich mit Fristen und Übergangsfristen.

Als grundsätzliche Übersicht ist dieses MDCG-Dokument sicher geeignet, um grundsätzliche Fragestellungen kurz anzureißen. Detaillierte Hinweise bzw. Erklärungen sind aber nicht zu finden und müssen im Rahmen der Beratung in Bezug auf den Einzelfall geklärt werden.

2.2 MDCG 2021-8

Eine klinische Prüfung muss außer im Falle einer PMCF klinischen Prüfung, die nicht unter Artikel 74 der MDR fällt, mit einem Antrag mit den in Anhang XV Kapitel II der MDR genannten Unterlagen über das in Artikel 73 der MDR genannte elektronische System eingereicht werden.

Da es die europäische Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) noch nicht gibt, hat nun die MDCG eine Reihe von Dokumenten für die Beantragung/Meldung klinischer Prüfungen erstellt, um die Verfahren für klinische Prüfungen im Rahmen der MDR zu unterstützen.

Achtung: In Deutschland werden die klinischen Prüfungen über das Medizinprodukteinformationssystem, nun Deutsches Medizinprodukte-Informations- und Datenbanksystem (DMIDS) bei BfArM (früher DIMDI) beantragt, das die im MDCG-Dokument aufgeführten Templates als Abfragen bereits enthält.

Zu diesen Dokumenten gehören:

  • Klinische Prüfung - Antrag/Meldeformular im Rahmen der MDR
  • Addendum zum Antrag/Meldeformular für klinische Prüfungen für:
    • Zusätzliche(s) Prüfprodukt(e) (Abschnitt 3)
    • Zusätzliche(s) Vergleichspräparat(e) (Abschnitt 4)
    • Zusätzliche Prüfstelle(n) (Abschnitt 5)
  • Unterstützende Dokumente für die klinische Prüfung - Anhang der beizufügenden Dokumente
  • Checkliste der allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen, Normen, gemeinsamen Spezifikationen und wissenschaftlichen Empfehlungen

Soweit möglich, enthält das Antrags-/Meldeformular für die klinische Prüfung die gleichen Datenfelder wie das sich noch in der Entwicklung befindliche EUDAMED-System.

Die Templates sind im MDCG-Dokument aufgeführt und über folgende Links zu erreichen:

Clinical investigation – application form under Medical Device Regulation

 

Additional investigational device(s) (section 3)

Additional comparator device(s) (section 4)

Additional investigation site(s) (section 5)

 

Außerdem enthält dieses Dokument dann noch einen Link zu einer Auflistung der benötigten Dokumente, die sich an der ISO 14155:2020 ausrichtet.

Schließlich erhält man ein Template zur Checkliste der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen (GSLA), Normen, Common Specifications usw., das sich an der MDR-Checkliste anlehnt:

Abb. 2 Auflistung der Normen, CS und wissenschaftlichen Hinweise, außer jenen, die im Rahmen der klinischen Prüfung untersucht werden

Abb. 3 Matrix zur Erfüllung der GSLA

Bis auf die beiden Word-Templates liefert dieses MDCG-Dokument für klinische Prüfungen, die in Deutschland durchgeführt werden, keine neuen Informationen, da hier ja über das DMIDS alles entsprechend eingetragen und beantragt werden kann.

3. Was wir für Sie tun können

Wir fungieren als wissenschaftliche herstellerunabhängige Institution (CRO). Als solche unterstützen wir Sie während Ihrem kompletten Vorhaben bzgl. klinischer Prüfung – von der ersten Idee bis zur Auswertung und dem klinischen Prüfbericht.

4. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

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UPDATE

 

Im letzten Blog-Beitrag vor unserer Sommerpause geht es passend zum ersten medXevent um das Produktregister im Rahmen des PMCF. Hersteller von Medizinprodukten sind im Rahmen der MDR bei der klinischen Nachbeobachtung (Post-Market Clinical Follow-up, PMCF) dazu verpflichtet, verschiedene allgemeine und besondere Methoden und Verfahren sowie spezifische der klinischen Nachbeobachtung anzuwenden. Eine sehr proaktive Methode zur Gewinnung eigener klinischer Daten aus dem klinischen Routinealltag stellt hier das Register dar. In diesem Blog-Beitrag zeigen wir Ihnen, was ein Register ist und wie Sie es im Rahmen Ihres PMCF für Ihr Medizinprodukt einsetzen können. 

Abkürzungen

MDR (medical device regulation; EU-Verordnung 2017/745)

PMCF (Post-Market Clinical Follow-up, klinische Nachbeobachtung)

RCT (Randomized Controlled Trial)

1. Einleitung

Die MDR fordert im Rahmen des PMCF die kontinuierliche Erhebung von klinischen Daten zur klinischen Leistung, zum klinischen Nutzen und zur Sicherheit von Medizinprodukten über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg. Ein Register kann hier insbesondere zur Erfassung von Wirksamkeitsdaten bei der routinemäßigen klinischen Anwendung des Produktes eingerichtet und verwendet werden und eignet sich deshalb für die Darstellung der Effektivität im Versorgungsalltag.

Im Rahmen der MDR zählt das Register somit zu den proaktiven Aktivitäten der klinischen Nachbeobachtung (Post-Market Clinical Follow-up, PMCF). Die Auswertung des Registers wird als Überprüfung der Registerdaten bezeichnet, die in der Regel retrospektiv angelegt ist.

 

Abb. 1 Eingliederung des Registers in den Prozess der Marktüberwachung gemäß MDR (Quelle: General methods and procedures of PMS and PMCF (source: Keene A. Leveraging Post-Market Surveillance and Post-Market Clinical Follow-Up Data to Support EU Medical Device Regulation (MDR) Compliance, Whitepaper)

2. Definition des Registers

2.1 Definition 1 

„Ein Register ist eine möglichst aktive, standardisierte Datenerfassung von Beobachtungseinheiten zu vorab festgelegten aber erweiterbaren Fragestellungen, für die ein genauer Bezug zur Quellpopulation transparent darstellbar ist.“

(Quelle: Deutsches Institut für Gefäßmedizinische Gesundheitsforschung)

2.2 Definition 2

”Ein organisiertes System, das Beobachtungsstudienmethoden verwendet, um einheitlicheDaten (klinische und andere) zu sammeln, um bestimmteErgebnisse für eine Population zu bewerten, die durch einebestimmte Krankheit, einen Zustand oder eine Exposition definiert ist, und das einem oder mehreren vorgegebenenwissenschaftlichen, klinischen oder politischen Zweckendient.“

(Quelle: Gliklich RE et al., 2010)

3. Produktregister

Grundsätzlich sind medizinische Register sinnvoll und nützlich, denn Sie generieren notwendige medizinische Versorgungsdaten unter Alltagsbedingungen. Register

  • schaffen die Voraussetzung für einen sicheren Medizinbetrieb und für eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung,
  • schaffen Marktbeobachtungswissen und generieren wichtige Produktinformationen für die Medizinprodukte-Hersteller und Wissen für deren Marktforschung und Neuentwicklungen,
  • bieten die Chance eines "Frühwarnsystems", um Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen und Schadenswiederholungen zu vermeiden,
  • liefern Antworten auf die Fragen:
  • Wo und warum ist der Schaden entstanden?
  • Welche Rolle spielen Produkt, Arzt, Patient?
  • Wo können wir dazu lernen?

Darüber hinaus können Effekte aus Registerdaten einen Hinweis auf oder Beleg für einen klinischen Nutzen darstellen und sind somit ein wichtiger Beitrag zur klinischen Nachbeobachtung (Post-Market Clinical Follow-up, PMCF).

3.1 Regulatorische Voraussetzung

In Anhang XIV Teil B MDR: Klinische Nachbeobachtung fordert die MDR im Rahmen des PMCF die kontinuierliche Erhebung von klinischen Daten zur klinischen Leistung, zum klinischen Nutzen und zur Sicherheit von Medizinprodukten über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg:

„Die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen ist als ein fortlaufender Prozess zur Aktualisierung der klinischen Bewertung gemäß Artikel 61 und Teil A dieses Anhangs zu verstehen und wird im Plan des Herstellers zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen behandelt. Bei der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen sammelt und bewertet der Hersteller auf proaktive Weise klinische Daten, die aus der Verwendung eines die CE-Kennzeichnung tragenden, im Rahmen seiner Zweckbestimmung gemäß dem einschlägigen Konformitätsbewertungsverfahren in den Verkehr gebrachten oder in Betrieb genommenen Produkts im oder am menschlichen Körper hervorgehen, um die Sicherheit und die Leistung während der erwarteten Lebensdauer des Produkts zu bestätigen, die fortwährende Vertretbarkeit der ermittelten Risiken zu gewährleisten und auf der Grundlage sachdienlicher Belege neu entstehende Risiken zu erkennen.“

(MDR, Anhang XIV Teil B)

3.2 Abgrenzung zu PMCF-Studien

Der gelegentlich verwendete Begriff „Registerstudie“ sollte eigentlich vermieden werden. Studien können ein sehr unterschiedliches Design aufweisen, beinhalten jedoch im Allgemeinen immer die Unveränderlichkeit der gewählten Endpunkte im Studienverlauf und weisen neben einer zeitlichen Begrenzung i. d. R. auch eine quantitative Begrenzung in Bezug auf die Population auf. Außerdem laufen Sie in einem festgelegten Rahmen (Endpunkte, Ein- und Ausschlusskriterien, etc.). Möchte man nun, wie mit einem Register möglich, Daten aus dem klinischen Routinealltag eines Medizinproduktes erheben, können keine Rahmenbedingungen vorherrschen, da dies z. B. eine Erhebung von Off-Label-Use Daten ad absurbum führen würde. Genau das ist aber mit einem Register möglich.

Ein Register erhebt somit uneingeschränkt (d. h. ohne Ein- und Ausschlusskriterien) Daten aus dem klinischen Routinealltag, ohne dabei einer eingeschränkten und definierten Studienstruktur zu folgen.

Eine Registerstudie als nicht-interventionelle Studie bildet somit einen komplementären Ansatz zu einer randomisierten klinischen Studie (RCT).

Tab. 1: Registerstudie versus RCT (Quelle: Novustat, https://novustat.com/statistik-blog/registerstudien-professionell-auswerten-die-essentials.html) 

Im Vergleich zum Register werden bei RCT vielfach die mangelnde Repräsentativität des Versorgungsalltags durch eine stark eingeschränkte Population und künstliche Interventionsszenarios kritisiert. Und das zählt natürlich zu den Vorteilen eines Registers, um auch den PMCF-Anforderungen der MDR nachzukommen:

3.3 Vorteile eines Registers

Da Register Daten aus dem klinischen Routinealltag erheben, finden sie nicht in einem strikt regulierten und kontrollierten Rahmen einer PMCF-Studie statt und können so dem Hersteller auch wichtige Einblicke in die tatsächliche Anwendung des Produktes auf dem Markt liefern. Weitere Vorteile sind:

  • wissenschaftliche und empirische Evidenz
  • valide Darstellung von Verläufen aus der Anwendungsbeobachtung
  • alle tatsächlich üblichen Therapieformen und Interventionen werden abgebildet
  • keine Patienteneinwilligung erforderlich, nur Datenschutzerklärung und Zustimmung zur Verwendung der Daten

3.4 Datenerhebung mittels Register 

Mit einem Produktregister werden zu besonderen klinischen Fragestellungen und ggf. Datenlücken (Parameter) Daten auf völlig anonymisierte Weise sowohl prospektiv als auch retrospektiv erhoben.

Um valide Aussagen treffen zu können, müssen die Register allerdings sorgfältig geplant und implementiert werden. Diese Planung erfolgt über einen Registerplan.  Dieser enthält sowohl Vorgaben für die zu erhebenden Parameter als auch deren Auswertung (auch in Bezug auf die Häufigkeit). Darauf basierend wird eine spezifische Registerdatenbank aufgebaut. Die Daten werden in diese möglichst unabhängige Datenbank vollkommen anonymisiert eingetragen und dort zunächst im Hinblick auf Vollständigkeit und Plausibilität validiert. Die Einträge in die Registerdatenbank werden im optimalen Fall von geschulten und ausgebildeten externen Fachkräften validiert. Die Validierung und Überprüfung auf Vollständigkeit und Einhaltung der Ausschlussbedingungen wird von einem Datenmanager überwacht und dokumentiert.

Weiterhin sind GCP und ICH einzuhalten, ebenso wie das Thema Datenschutz. Die Patienten sind mittels Patienteninformation aufzuklären und müssen in die Datenerhebung einwilligen.

Die Daten sollten nicht nur gesammelt, sondern auch statistisch ausgewertet werden. Bei der Auswertung von Registerstudien finden Methoden Anwendung, die für eine Vergleichbarkeit von Patienten oder Patientengruppen sorgen. Dadurch können beispielsweise Matched-Pairs Auswertungen vorgenommen werden. Aber auch Auswertungen anhand des Propensity Scores finden bei Registerstudien Anwendung. Anhand festgelegter Kriterien können dabei zueinander passende Vergleichspartner gefunden werden. Adjustierungsverfahren hinsichtlich unterschiedlicher Ausprägungen z. B. bei Schweregrad einer Krankheit können sinnvoll sein.

(Quelle: Novustat, https://novustat.com/statistik-blog/registerstudien-professionell-auswerten-die-essentials.html. Zugriff am 25.06.2021)

Anwender eines solchen Registers sind auf der einen Seite diejenigen, die in Praxen, Kliniken bzw. bei der Anwendung des Medizinproduktes Daten in die Register-Datenbank eingeben. Weitere Anwender sind Datenmanager, die die Daten statistisch auswerten und aufbereiten. Und natürlich der Hersteller, der diese Daten dann für das PMCF nutzen kann.

Abb. 3: Kreislauf der Datenerhebung, Auswertung und Nutzung

3.4 Was zeichnet ein gutes Register aus?

Hier kommt es in erster Linie auf die Register-Qualität an:

Wichtig ist die Systematik und Angemessenheit der Datenerhebung im Rahmen des Registers.

Die Validität

  • der Stichprobengewinnung,
  • der Datenerhebung und
  • der statistischen Analysen und Berichte

sind weitere Qualitätsmerkmale. Ebenso weitere übergreifende Qualitätsanforderungen. Dazu zählen:

  • Umgang mit limitierenden Rahmenbedingungen
  • Akzeptanz bei Meldern und PatientInnen
  • Effizienz
  • Transparenz und wissenschaftliche Unabhängigkeit
  • Flexibilität und Anpassungsfähigkeit
  • Aktualität

Auch Standardisierung ist ein wesentlicher Aspekt, wenn über diesen Weg valide und evidente klinische Daten erhoben werden sollen. Dazu zählen beispielsweise:

  • die Festlegung von Standards in Verfahrensanweisungen
  • die Schulung/ Überprüfung der Datenerhebung/ -erfassung

Register liefern ein nahezu komplettes Bild der Gesamtpopulation und somit Daten aus dem klinischen Routinealltag. Sie haben deshalb folgende Vorteile:

  • Darstellung der Effektivität im Versorgungsalltag
  • hohe Patientenzahl mit Basisdaten
  • heterogene Studienpopulation
  • direkter Vergleich zur Nutzenbewertung verschiedener Therapieformen möglich
  • mögliche Nutzung als QM-Tool für Benchmarking in Langzeitbeobachtung
  • hohe Fallzahlen können erreicht werden

(Quelle: Neugebauer, 2013. Aufbau eines Registers für Register. Institut für Forschung in der Operative Medizin (IFOM))

Anstelle einer PMCF-Studie können Hersteller somit langfristig Daten zu Sicherheit, Leistung und Nutzen zu ihrem spezifischen Produkt im Rahmen der klinischen Nachbeobachtung generieren.

Professionelle Ansätze zur Datenerhebung und Erfassung sorgen für eine hochwertige Datenqualität. Auch in Bezug auf die medizinische Statistik, die Analyse und die Auswahl geeigneter Verfahren ist eine professionelle Unterstützung empfehlenswert.

4. Was wir für Sie tun können

Wir fungieren als wissenschaftliche herstellerunabhängige Institution (CRO). Als solche überlegen wir mit Ihnen zusammen, wie wir bestmöglich ggf. vorhandene Datenlücken im Rahmen des PMCF schließen oder kontinuierlich klinische Daten zu Ihrem Medizinprodukt erheben können.

Eine Möglichkeit stellt hier das Produktregister dar. Dieses wurde außerdem in unserem ersten kostenlosen medXevent am 01.07.2021 detailliert vorgestellt. Hierzu steht nun die Aufzeichnung über unseren YouTube-Kanal zur Verfügung.

Mit diesem ersten Live-Event gehen wir dann Blog- und Event-mäßig in die Sommerpause. Im September ist unser zweites medXevent zum Thema DiGA-Studien geplant. Außerdem erscheint der nächste Blog-Beitrag. In diesem werden wir unsere brandneuen GCP-MDR-Schulungen für Prüfer vorstellen.

5. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung. Das gilt auch für Ihr Register!

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Im ersten Blog-Beitrag 2021 ging es bereits um das Thema „DiGA“ und die Datenerhebung. In diesem Beitrag möchten wir nun auf die Vorbereitungsaufgabe näher eingehen und deshalb geht es dieses Mal um das Evaluationskonzept. Dieses ist zusammen mit dem Prüfplan für die DiGA-Studie ebenfalls mit dem Antrag auf Aufnahme in das Erstattungsverzeichnis einzureichen. Was es damit auf sich hat, wie es am besten erstellt wird und was dabei alles zu beachten ist, erläutert dieser Blog-Beitrag.

Abkürzungen

BOB (Bundesoberbehörde)

BtB (Business-to-Business)

BtC (Business-to-Customer)

DiGA (digitale Gesundheitsanwendung)

MDR (medical device regulation; EU-Verordnung 2017/745)

Zugrundeliegende Regularien

Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG)
Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV)
DiGA-Leitfaden
EU-Verordnung 2017/745 (MDR)
ISO 14155

1. Einleitung

Um als DiGA in das Erstattungsverzeichnis (DiGA-Verzeichnis) aufgenommen zu werden, sind verschiedene Anforderungen zu erfüllen und das Prüfverfahren beim BfArM muss erfolgreich durchlaufen werden. Dazu gehören unter anderem, wenn noch keine Studie, die den DiGA-Kriterien entspricht, durchgeführt wurde, ein Evaluationskonzept und eine darauf aufbauende klinische Studie. Zur DiGA-Studie liefert der Januar-Blog-Beitrag wichtige Informationen.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit dem Evaluationskonzept für den positiven Versorgungseffekt der DiGA. Der DiGA-Leitfaden geht darauf in Kapitel 4.5.2 näher ein:

Der Hersteller legt darüber hinaus mit dem Antrag ein nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards erstelltes Evaluationskonzept vor, das die Ergebnisse der systematischen Datenauswertung angemessen berücksichtigt. Das Studienprotokoll der angestrebten Studie soll ein Teil des Evaluationskonzepts sein. Die Wahl der Outcomes und des Studiendesigns des gewählten Vergleichs und der Versorgungsrealität sind zu begründen. Es ist darzustellen, warum und wie aus dem gewählten Evaluationskonzept die Nachweise der angestrebten pVE hervorgehen. Dieses muss von einem herstellerunabhängigen wissenschaftlichen Institut erstellt worden sein.“

„Das vorzulegende wissenschaftliche Evaluationskonzept soll gemäß § 15 DiGAV die Ergebnisse der systematischen Datenauswertung angemessen berücksichtigen.“

Auszug aus: Brönneke, Jan B. „DiGA VADEMECUM: Was man zu Digitalen Gesundheitsanwendungen wissen muss (German Edition).

Der Hersteller muss dieses somit nicht selbst erstellen, weil der Gesetzgeber die Erstellung im Leitfaden aber auch bereits im DVG durch ein wissenschaftliches unabhängiges Institut fordert. Dennoch trägt er einen wesentlichen Teil zur Erstellung bei, denn das Studienkonzept inklusive der zu belegenden Endpunkte für den positiven Versorgungseffekt bedürfen einer eingehenden Beschäftigung mit diesem Thema. Was das bedeutet, möchte nun dieser Beitrag näher erläutern. Gleichzeitig wird aufgezeigt, wie das Evaluationskonzept für eine sich bereits seit längerem auf dem Markt befindlichen DiGA (Software als Medizinprodukt) oder für eine sich z. B. gerade noch im Entwicklungsprozess befindlichen DiGA oder einer, die soeben noch unter der MDD zugelassen wurde, erstellt werden kann.

2. DiGA-Evaluationskonzept

In den DiGA-Regelwerken wird das Evaluationskonzept folgendermaßen definiert:

Soll ein Antrag auf Erprobung gestellt werden, muss diesem ein wissenschaftliches Evaluationskonzept beigefügt werden. Dieses muss von einer herstellerunabhängigen Institution zum Nachweis des positiven Versorgungseffekts nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards erstellt werden.“

(Quelle: DiGA-Leitfaden)

Dieses umfasst insbesondere die folgenden Angaben zum geplanten Studienvorhaben, um den positiven Versorgungseffekt der DiGA nachzuweisen:

  • die Angabe des Erprobungszeitraums (maximal 12 Monate)
  • systematische Datenauswertung mit der DiGA selbst
  • Beschreibung unter Nutzung des PICO-Schemas in der Kurzfassung des positiven Versorgungseffektes
  • Konkretisierung der Patientengruppe durch die Angabe der entsprechenden ICD-Codes
  • Art der positiven Versorgungseffekte der DiGA: medizinischer Nutzen und/oder patientenrelevante Verfahrens- und Strukturverbesserungen
  • Angaben zu Forschungsdesign und Ergebnissen
  • Angaben zur qualitätsgesicherten Anwendung der DiGA und zu Ausschlusskriterien
  • Angaben zum einbezogenen wissenschaftlichen und herstellerunabhängigen Institut

Wir gliedern unser Evaluationskonzept beispielsweise folgendermaßen:

Abb. 1: Inhalt und Struktur des Evaluationskonzeptes

Ein wesentlicher Bestandteil des wissenschaftlichen Evaluationskonzepts ist eine systematische Datenauswertung im Rahmen der Anwendung der DiGA. Deshalb muss diese Datenauswertung mit dem zugelassenen Medizinprodukt durchgeführt werden. Das ist kein Problem, wenn die DiGA bereits auf dem Markt ist und Daten bereits durch ihre Anwendung erhoben wurden. Bei sich noch in der Entwicklung befindenden oder gerade zugelassenen Produkten können somit allerdings noch keine Daten für eine entsprechende Auswertung vorliegen. Eine solche Erhebungsphase ist deshalb im Anschluss an die Zulassung mit einzuplanen, bevor ein Antrag auf vorläufige Aufnahme in das Verzeichnis gestellt werden kann.

Unabhängig davon muss der Hersteller sich Gedanken über den mit der DiGA zu beschreitenden geplanten Versorgungspfad machen, für den der positive Versorgungseffekt nachgewiesen werden soll. Im Rahmen der Datenerhebung für das Evaluationskonzept sollten diverse Endpunkte bereits feststehen, die in diesem Zusammenhang auf Validität überprüft werden können.

Ziel und Zweck der Datenauswertung sollte sein, die Endpunkte der DiGA-Studie zu definieren, anhand derer der positive Versorgungseffekt auf dem vorgesehenen Versorgungspfad nachgewiesen werden kann. Sinn macht deshalb eine Auswahlmöglichkeit aus den Bereichen

  • medizinischer Nutzen
  • patientenrelevante Verfahrens- und Strukturverbesserungen

Wie sollen diese Daten aber nun erhoben werden, um dann für das Evaluationskonzept ausgewertet werden zu können?

2.1 Bereits zugelassene DiGA

Viele der bereits gelisteten DiGAs sind zugelassene Medizinprodukte, die bereits auf dem Markt waren. Somit besteht die Möglichkeit, eine bereits durchgeführte Studie heranzuziehen, die den DiGA-Kriterien entspricht, um sofort endgültig in das Verzeichnis aufgenommen zu werden. In diesem Fall empfiehlt sich unbedingt eine Beratung beim BfArM. Nämlich insbesondere dann, wenn Unsicherheit dahingehend besteht, ob die damit erhobenen Daten ausreichend sind und deshalb unklar ist, ob sie in die richtige Richtung gehen und ob damit ein Antrag auf eine vorläufige oder eine endgültige Aufnahme gestellt werden sollte.

Wurde noch keine Studie durchgeführt, bietet sich in diesem Fall an, Daten, die im Rahmen der Anwendung mit der DiGA erhoben wurden und über die App beim Hersteller vorliegen, retrospektiv auszuwerten.

Hinweis: Dies ist problemlos möglich, wenn zwischen Hersteller und Anwender eine BtC-Beziehung besteht. Gibt es diese nicht, weil die DiGA beispielsweise nicht direkt vom Hersteller, sondern z. B. von Therapeuten zur Verfügung gestellt wird (mit dem zum Hersteller eine BtB-Beziehung besteht), liegen die Daten nicht beim Hersteller.

Hat der Hersteller also Zugriff auf die Daten, die mit der DiGA im Rahmen der Anwendung automatisch erhoben werden, können diese anonymisiert ausgewertet werden. Dies geschieht in diesem Fall über einen sogenannten Beobachtungsplan, die Erhebung bezieht sich auf „Real World Data“ und da sie völlig anonym sind, können Sie ohne Einbeziehung einer Ethik-Kommission oder Behörde entsprechend gesammelt werden. Im Beobachtungsplan werden die zu erhebenden Parameter definiert, die sich auf die o. g. Aspekte

  • medizinischer Nutzen
  • patientenrelevante Verfahrens- und Strukturverbesserungen

beziehen sollten. Zu Real World Data empfiehlt sich auch unser Märzbeitrag „Medizinprodukte und Real World Data sowie Real World Evidence“ (Link: https://www.medxteam.de/index.php/medxteam-blog/15-medizinprodukte-und-real-world-data-sowie-real-world-evidence).

2.2 Noch nicht oder gerade erst zugelassene DiGAs

Mit diesen Produkten können noch keine eigenen Daten erhoben worden sein. In der Regel wird in diesem Fall auch die klinische Bewertung über Leistungsdaten (s. auch Artikel 61 Abschnitt 1 der MDR) erstellt, da auf klinische Daten bei diesen Klasse I oder IIa Produkten im Rahmen der Erfüllung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen verzichtet werden kann.

Somit werden üblicherweise auch keine Zulassungsstudien durchgeführt. Leitlinien für State of the Art Kapitel in der klinischen Bewertung gibt es meist nur für die zugrundeliegenden Indikationen und alternative Anwendungsmöglichkeiten, da DiGAs eher innovativen Charakter haben und noch nicht umfassend in Leitlinien verankert sind.

Allerdings sind für die klinische Bewertung Claims zur klinischen Leistung, Sicherheit und zum klinischen Nutzen bereits im Plan für die klinische Bewertung zu definieren und dann im klinischen Bewertungsbericht mit Daten zu belegen.

Hinweis: Genau hier empfiehlt sich die Nutzung der Schnittstelle zum DiGA-Thema „medizinischer Nutzen“ bzw. patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserungen, denn diese Daten können dann nach der DiGA-Studie in der Aktualisierung der klinischen Bewertung genutzt werden.

Außerdem endet der DiGA-Prozess ja nicht mit der Listung im DiGA-Verzeichnis. Anschließend gehen die Verhandlungen mit den Krankenkassen los.

Hinweis: Deshalb am besten bei der Definition der Zweckbestimmung des Medizinprodukts sowie bei den Claims Schlagwörter aus dem medizinischen Nutzen oder zu patientenrelevanten Struktur- und Verfahrensverbesserungen, wenn möglich, einfließen lassen. Das erleichtert spätere Verhandlungen. Ebenfalls am besten nicht von „Software“ sondern von digitaler Gesundheitsanwendung sprechen.

Somit ist nach der Zulassung des Medizinprodukts die Datenerhebung für das Evaluationskonzept einzuplanen.

Auch hier empfiehlt sich eine Sammlung der mit der DiGA im Rahmen ihrer Anwendung beim Hersteller erhobenen Daten. Diese Erhebung ist nun aber nicht retrospektiv, sondern prospektiv in die Zukunft gerichtet.

Man kann aber auch nach einem definierten Anwendungszeitraum der DiGA die Daten retrospektiv auswerten.

Auch hier ist wichtig, dass die Daten

  • mit der DiGA selbst und
  • anonym

erhoben werden. Am besten funktioniert dies auch hier im BtC-Fall. Doch auch im BtB-Fall, wenn der Hersteller nicht direkt Zugriff auf die App-Daten hat, kann eine Beobachtungsstudie und Erhebung der Real World Daten erfolgen. Hier muss im Grunde nur die anonymisierte Bereitstellung im BtB-Verhältnis sichergestellt werden.

2.3 Zusammenfassung

Ein wesentlicher Aspekt des Evaluationskonzeptes sind Daten zum eingeschlagenen Versorgungspfad und dem dazu erforderlichen Nachweis des

  • medizinischen Nutzens
  • oder der patientenrelevanten Verfahrens- und Strukturverbesserungen.

Man definiert deshalb vorab Parameter, die nach der Datenerhebung entsprechend ausgewertet werden sollen. Diese sollten aus den folgenden Bereichen stammen:

Medizinischer Nutzen:

  • Verbesserung des Gesundheitszustands,
  • Verkürzung der Krankheitsdauer,
  • Verlängerung des Überlebens oder
  • Verbesserung der Lebensqualität

Patientenrelevante Struktur- und Verfahrensverbesserungen:

  • im Rahmen der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder der Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen und
  • auf eine Unterstützung des Gesundheitshandelns der Patientinnen und Patienten oder eine Integration der Abläufe zwischen Patientinnen und Patienten und Leistungserbringern ausgerichtet und
  • umfassen insbesondere die Bereiche der
  1. Koordination der Behandlungsabläufe,
  2. Ausrichtung der Behandlung an Leitlinien und anerkannten Standards,
  3. Adhärenz,
  4. Erleichterung des Zugangs zur Versorgung,
  5. Patientensicherheit,
  6. Gesundheitskompetenz,
  7. Patientensouveränität,
  8. Bewältigung krankheitsbedingter Schwierigkeiten im Alltag oder
  9. Reduzierung der therapiebedingten Aufwände und Belastungen der Patienten und ihrer Angehörigen.

3. Was wir für Sie tun können

Wir fungieren als wissenschaftliche herstellerunabhängige Institution (CRO). Als solche erstellen wir Ihr Evaluationskonzept und beraten Sie auch schon in Ihrer frühen Entwicklungsphase schnittstellenkonform hinsichtlich Ihrer Claims zum Medizinprodukt oder Festlegung der Zweckbestimmung. All das geschieht mit den DiGA-Anforderungen im Visier, sodass Sie mit allem zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können.

Steht Ihre technische Dokumentation bereits, schauen wir uns mögliche DiGA-Endpunkte entweder basierend auf Ihrer Dokumentation oder basierend auf dem nachträglich mit der DiGA eingeschlagenen Versorgungspfad an und treffen eine sinnvolle Vorabauswahl, damit die Datenauswertung für Ihr Evaluationskonzept zielgerichtet ist und nicht ausufert. Schließlich wollen wir Klarheit und nicht im Trüben fischen.

4. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung. Das gilt auch für Ihr Evaluationskonzept und Ihre DiGA-Studie!

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Im Rahmen unseres Weihnachtsspezials hatten wir noch im Teil 2 über das Antragsverfahren und den Genehmigungsprozess für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten geschrieben und sind davon ausgegangen, dass dies sowie der Artikel 74 für sämtliche PMCF-Studien mit bereits in Verkehr gebrachten Medizinprodukten gilt. Die virtuelle Veranstaltung von BfArM zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Arbeitskreis der Ethik-Kommissionen brachte im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung nun Erleuchtung zu diesem Artikel, was die Regelung zumindest in Deutschland angeht.

Abkürzungen

BOB (Bundesoberbehörde)

EK (Ethikkommission)

KP (klinische Prüfung)

MDR (medical device regulation; EU-Verordnung 2017/745)

MPG (Medizinproduktegesetzt)

MPAnpG-EU (Medizinprodukteanpassungsgesetz)

MPDG (Medizinproduktedurchführungsgesetz)

BO (Berufsordnung der Ärzte)

Zugrundeliegende Regularien

EU-Verordnung 2017/745 (MDR)

MPEUAnpG (das Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz wurde am 25.05.2020 vom Bundestag als Gesetz verabschiedet. Dieses MPAnpG-EU beschreibt im Artikel 1 das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG))

MPDG (das MPDG wird das Medizinproduktegesetz (MPG) ab 26. Mai 2021 schrittweise ablösen und für alle Hersteller und Betreiber von Medizinprodukten in Deutschland rechtsverbindlich sein).

1. Einleitung

Seit 2017 ist die europäischen Medical Device Regulation (MDR) nun schon in Kraft und ihr Geltungsbeginn war bereits für den 26.05.2020 vorgesehen. Coronabedingt wurde dieser Geltungsbeginn sowie der des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes (MPDG) auf den 26. Mai 2021 verschoben. Damit ändern sich bekanntermaßen auch viele rechtliche Vorgaben und praktische Rahmenbedingungen für die Genehmigung und Durchführung klinischer Prüfungen von Medizinprodukten. Darüber informierte das BfArM am 05. Mai 2021 gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Arbeitskreis der Ethik-Kommissionen im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung.

Davon ausgehend, dass der Artikel 74 der MDR:

„Klinische Prüfungen in Bezug auf Produkte, die die CE-Kennzeichnung tragen

  1. Wird eine klinische Prüfung durchgeführt, die der weitergehenden Bewertung eines Produkts, das bereits die CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 20 Absatz 1 trägt, im Rahmen seiner Zweckbestimmung dient (im Folgenden „klinische Prüfung nach dem Inverkehrbringen“), und würden im Rahmen dieser Prüfung Prüfungsteilnehmer zusätzlichen Verfahren zu den bei normalen Verwendungsbedingungen des Produkts durchgeführten Verfahren unterzogen, und sind diese zusätzlichen Verfahren invasiv oder belastend, so unterrichtet der Sponsor die betreffenden Mitgliedstaaten mindestens 30 Tage vor Beginn der Prüfung über das in Artikel 73 genannte elektronische System. Der Sponsor übermittelt die Unterlagen gemäß Anhang XV Kapitel II als Teil der Mitteilung. Für klinische Prüfungen nach dem Inverkehrbringen C1 gelten Artikel 62 Absatz 4 Buchstaben b bis k und m, Artikel 75, 76 und 77 und Artikel 80 Absätze 5 und 6 sowie die einschlägigen Bestimmungen des Anhangs XV.
  2. Wird eine klinische Prüfung durchgeführt, die der Bewertung eines Produkts, das bereits die CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 20 Absatz 1 trägt, außerhalb seiner Zweckbestimmung dient, so gelten die Artikel 62 bis 81.“

für alle Medizinprodukte gilt, die das CE-Zeichen tragen, ging die Mehrheit davon aus, dass ab dem 26.05.2021 ein Ethikvotum für PMCF-Studien erforderlich ist und es keine berufsrechtliche Beratung nach § 15 der Berufsordnung für Ärzte (BO) mehr gibt. Dies ist nun nicht der Fall.

2. Verschiedene Arten der PMCF-Studien

2.1 Definition PMCF-Studien

Eine eigentliche Definition der PMCF-Studien gibt es nicht. Weder bisher in Richtlinie, MPG oder in einer der Verordnungen oder MEDDEVs, noch in der MDR oder im MPDG. Die MDR spricht in Artikel 74 nur davon, dass eine solche klinische Prüfung „klinische Prüfung nach dem Inverkehrbringen“ genannt wird:

„Wird eine klinische Prüfung durchgeführt, die der weitergehenden Bewertung eines Produkts, das bereits die CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 20 Absatz 1 trägt, im Rahmen seiner Zweckbestimmung dient (im Folgenden „klinische Prüfung nach dem Inverkehrbringen“) […].“

Eine PMCF-Studie ist also eine klinische Prüfung, die mit dem CE-gekennzeichneten Produkt durchgeführt wird und klinische Daten zum Produkt im Rahmen der klinischen Nachbeobachtung (Post-Market Clinical Follow-up, PMCF) liefert. Die klinische Nachbeobachtung wird in der MDR in Anhang XIV Teil B geregelt.

Die klinische Nachbeobachtung umfasst aber nicht nur PMCF-Studien, sondern noch weitere mögliche Aktivitäten, um klinische Daten zum Produkt zu erheben. Ein Beispiel sind Real-World-Data, die im letzten Blog-Beitrag beschrieben wurden. Oder aber auch Registerdaten und weitere Aktivitäten. Die folgende Abbildung liefert einen Überblick über diese sowie über die gesamte Marktüberwachung (Post-Market Surveillance) gemäß MDR nach Artikel 83 - 85:

Abbildung 1. Allgemeine Methoden und Verfahren PMS und PMCF (Quelle: Keene A. Leveraging Post-Market Surveillance and Post-Market Clinical Follow-Up Data to Support EU Medical Device Regulation (MDR) Compliance, Whitepaper)

2.2 PMCF-Studien im Rahmen der Zweckbestimmung und ohne belastende Untersuchungen

Bisherige Regelung:

Bisher wurden diese PMCF-Studien gemäß § 23b MPG reguliert:

„§ 23b Ausnahmen zur klinischen Prüfung

Die §§ 20 bis 23a sind nicht anzuwenden, wenn eine klinische Prüfung mit Medizinprodukten durchgeführt wird, die nach den §§ 6 und 10 die CE-Kennzeichnung tragen dürfen, es sei denn, diese Prüfung hat eine andere Zweckbestimmung des Medizinproduktes zum Inhalt oder es werden zusätzlich invasive oder andere belastende Untersuchungen durchgeführt.“

Eine solche Studie fiel bisher unter die sonstigen Studien und lief außerhalb des MPG. Auf der Seite der Ethikkommission der Bayerischen Landesärztekammer sieht das z. B. so aus:

Abbildung 2: Studienarten der EK an der BLÄK

In Baden-Württemberg wird für eine solche Studie ein „freier Antrag“ gestellt:

Abbildung 3: Freier Antrag für eine solche Studie an der LÄK BW

Für PMCF-Studien innerhalb der Zweckbestimmung des Medizinprodukts war also eine berufsrechtliche Beratung nach § 15 der Berufsordnung für Ärzte erforderlich. Hierzu wurde bisher ein Antrag direkt an die Ethikkommission gerichtet. Manche Ethikkommissionen forderten hierzu x-fache Papierausfertigungen und eine Ausfertigung als CD-ROM. Andere wiederum (z. B. Hessen, Bayern) verfügen über ein Portal, über das die Anträge elektronisch hochgeladen werden können. Dann ist nur noch eine einfache Papierausfertigung erforderlich.

Für diese Studien muss neben bestimmten Studiendokumenten (Prüfplan, Patienteninformation und Einwilligungserklärung, Fragebögen, etc.) der Lebenslauf des Prüfers eingereicht werden. Eine Qualifikation, nachgewiesen über eine mindestens zweijährige Erfahrung des Prüfers mit klinischen Prüfungen mit Medizinprodukten, wie bei einem Ethikvotum erforderlich, wird hier nicht überprüft.

Regelung ab Geltungsbeginn der MDR

Bisher war unsere Annahme und Interpretation des Artikels 74 der MDR; dass hierunter alle PMCF-Studien fallen und somit dann ab 26.05.2021 ein Ethikvotum erforderlich sein würde.

Bei der o. g. Veranstaltung wurde nun der Artikel 74 für Deutschland folgendermaßen interpretiert:

  • Er gilt nur für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten, die außerhalb ihrer Zweckbestimmung durchgeführt werden.
  • Er gilt außerdem für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten, wenn in deren Rahmen zusätzliche belastende Untersuchungen durchgeführt werden.

Das bedeutet, dass es weiterhin das oben beschriebene Verfahren über sonstige Studien und freie Anträge (berufsrechtliche Beratung nach § 15 BO) gibt!

Abbildung 4: Artikel 74 der MDR (Quelle: Präsentationsfolien, BfArM-Veranstaltung, https://www.bfarm.de/DE/Service/Veranstaltungen/Dialogveranstaltungen/2021/210505-klinische_Pruefungen_von_MP.html)

Der Artikel 74 der MDR gliedert somit die PMCF-Studien innerhalb der Zweckbestimmung aus und betrachtet diese weiterhin wie schon im MPG als Ausnahme zu den klinischen Prüfungen.

Somit ändert sich hier bis auf Bezeichnungen im Prüfplan zu MPG und ggf. Richtlinie 92/43/EWG (Änderung in MDR, da nicht mehr gültig) nichts. Das Verfahren bleibt dasselbe und die Hersteller haben weiterhin die Möglichkeit, auf unkomplizierterem Weg ihre klinischen Daten im Rahmen der PMCF-Studie zu erheben.

2.3 PMCF-Studien mit belastenden Untersuchungen

Bisherige Regelung:

Bisher wurden diese PMCF-Studien ebenfalls gemäß § 23b MPG reguliert:

„§ 23b Ausnahmen zur klinischen Prüfung

Die §§ 20 bis 23a sind nicht anzuwenden, wenn eine klinische Prüfung mit Medizinprodukten durchgeführt wird, die nach den §§ 6 und 10 die CE-Kennzeichnung tragen dürfen, es sei denn, diese Prüfung hat eine andere Zweckbestimmung des Medizinproduktes zum Inhalt oder es werden zusätzlich invasive oder andere belastende Untersuchungen durchgeführt.“

Im Falle zusätzlicher belastender Untersuchungen fanden bisher dann bei einer solchen Studie zunächst wieder die § 20ff des MPG und in diesem Fall in Verbindung mit § 7 der MPKPV mit Abschnitt 1 Satz 3 Anwendung:

„Medizinprodukte, die nach den §§ 6 und 10 des Medizinproduktegesetzes die CE-Kennzeichnung tragen dürfen und deren klinische Prüfung zusätzliche invasive oder andere belastende Untersuchungen beinhaltet, es sei denn, diese Prüfung hat eine andere Zweckbestimmung des Medizinproduktes zum Inhalt.“

In diesem Fall war über das Medizinprodukteinformationssystem (MPI, ehemals DIMDI) ein Antrag bei BfArM auf Befreiung von der Genehmigungspflicht und bei der Ethikkommission ebenfalls über das MPI ein Antrag auf Stellungnahme (Votum) zu stellen.

Regelung ab Geltungsbeginn der MDR

Mit dem Geltungsbeginn der MDR wird dieses Verfahren durch das neue, im Artikel 74 der MDR geregelte, abgelöst:

  • Der Sponsor unterrichtet die Bundesoberbehörde (BOB, in Deutschland: BfArM) mindestens 30 Tage vor Beginn der Prüfung über das MPI (in Deutschland).
  • Es gelten Artikel 62 Absatz 4 Buchstaben b bis k und m, Artikel 75, 76 und 77 und Artikel 80 Absätze 5 und 6
  • Es gelten außerdem die einschlägigen Bestimmungen des Anhangs XV

Das bedeutet, dass die BOB zu informieren und bei der Ethikkommission gemäß Artikel 62 Absatz 4 Buchstabe b ein Ethikvotum einzuholen ist.

Außerdem gelten im MPDG das Kapitel 4 mit den Abschnitten 1 und 2 und im letzteren mit Unterabschnitt 1 im Hinblick auf die Beantragung, Genehmigung und jeweiligen Fristen. Siehe hierzu auch der Blogbeitrag im Weihnachtsspezial Teil 2.

2.4 PMCF-Studien außerhalb der Zweckbestimmung

Bisherige Regelung:

Bisher wurden diese PMCF-Studien ebenfalls gemäß § 23b MPG reguliert:

„§ 23b Ausnahmen zur klinischen Prüfung

Die §§ 20 bis 23a sind nicht anzuwenden, wenn eine klinische Prüfung mit Medizinprodukten durchgeführt wird, die nach den §§ 6 und 10 die CE-Kennzeichnung tragen dürfen, es sei denn, diese Prüfung hat eine andere Zweckbestimmung des Medizinproduktes zum Inhalt oder es werden zusätzlich invasive oder andere belastende Untersuchungen durchgeführt.“

Bezog sich bisher die klinische Prüfung mit dem CE-gekennzeichneten Produkt auf eine neue Zweckbestimmung (z. B. somit auch auf neue Indikationen), so fanden bisher dann bei einer solchen Studie ebenfalls wieder die § 20ff des MPG Anwendung. Das heißt, es wurde eine klassische Zulassungsstudie gemäß den §§ 20ff des MPG durchgeführt:

  • Antragsstellung über das MPI bei BfArM und EK

Regelung ab Geltungsbeginn der MDR

Mit dem Geltungsbeginn der MDR findet nun Artikel 74 Satz 2 Anwendung:

„(2) Wird eine klinische Prüfung durchgeführt, die der Bewertung eines Produkts, das bereits die CE-Kennzeichnung gemäß Artikel 20 Absatz 1 trägt, außerhalb seiner Zweckbestimmung dient, so gelten die Artikel 62 bis 81.“

Das bedeutet, es ist auch in diesem Fall eine klassische klinische Prüfung gemäß Artikel 62ff der MDR durchzuführen.

Außerdem gelten im MPDG das Kapitel 4 mit den Abschnitten 1 und 2 und im letzteren mit Unterabschnitt 1 im Hinblick auf die Beantragung, Genehmigung und jeweiligen Fristen. Siehe hierzu auch der Blogbeitrag im Weihnachtsspezial Teil 1:

Antrag auf Genehmigung einer klinischen Prüfung gemäß Artikel 70 Abs. 7 der MDR:

Verkürztes Verfahren Absatz 7a

Für Medizinprodukte ohne CE-Kennzeichnung und für CE-gekennzeichnete Produkte, wenn die klinische Prüfung außerhalb der Zweckbestimmung erfolgt (Klasse I und IIa nicht invasiv)

Der Antrag muss die Dokumente aus Anhang XV Kapitel II der MDR sowie die positive Stellungnahme der EK enthalten.

Volles Antragsverfahren Absatz 7b

Für Medizinprodukte ohne CE-Kennzeichnung und für CE-gekennzeichnete Produkte, wenn die klinische Prüfung außerhalb der Zweckbestimmung erfolgt (Klasse IIa invasiv, IIb* und III)

Der Antrag muss die Dokumente aus Anhang XV Kapitel II der MDR sowie die positive Stellungnahme der EK enthalten.

* Ausnahme in Deutschland, normalerweise gilt das verkürzte Verfahren auch für Produkte der Klasse IIb, nur in Deutschland gilt hier das volle Antragsverfahren.

3. Was wir für Sie tun können

Wir unterstützen zunächst dabei, für Sie die richtige Datenerhebungsmethode im Rahmen des PMCF zu finden. Soll eine PMCF-Studie durchgeführt werden, finden wir mit Ihnen den richtigen Weg der Umsetzung.

4. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

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Das Thema „Real World Data“ und „Real World Evidence“ nimmt gerade durch digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) nun auch für Medizinprodukte Fahrt auf. Um was handelt es sich dabei? Und inwieweit lässt sich dieses Thema auf die Datenerhebung für Medizinprodukte übertragen? Wann macht es Sinn?

Zugrundeliegende Regularien

Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG)
Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV)
DiGA-Leitfaden
EU-Verordnung 2017/745 (MDR)
ISO 14155

1. Was sind Real World Data (RWD) und Real World Evidence (RWE)?

Real World Data beziehen sich auf Daten über die Verwendung oder die potenziellen Vorteile oder Risiken eines Arzneimittels, das aus anderen Quellen als aus traditionellen klinischen Studien stammt.“ Diese Definition stammt von Jacqueline Corrigan-Curay, J.D., M.D., Direktorin des Office of Medical Policy-Centers der FDA. Er zeigt, dass dieses Thema bereits Einzug in die Arzneimittelbranche gehalten hat und insbesondere in den USA bereits Anwendung findet.

Was sind nun „Real World Data“? Damit bezeichnet man Datenerhebungen, die sich auf den tatsächlichen klinischen Routinealltag beziehen. Der Nachweis, der über diese Daten aus dem klinischen Routinealltag erbracht wird, wird als „Real World Evidence“ bezeichnet.

2. Real World Data – Erhebung und Nutzung

2.1 Real World Data bei Arzneimitteln

Real World Data werden in der Regel im Rahmen von Beobachtungsstudien erhoben. Diese sind für Arzneimittel reguliert. BfArM hat hierzu beispielsweise im Dezember 2019 folgende

„Gemeinsame Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-EhrlichInstituts zu Anwendungsbeobachtungen nach § 67 Absatz 6 Arzneimittelgesetz und zur Anzeige von nichtinterventionellen  Unbedenklichkeitsprüfungen nach § 63f Arzneimittelgesetz“

veröffentlicht.

Solche Regulierungen gibt es bisher für Medizinprodukte nicht.

2.2 Daten aus dem klinischen Routinealltag bei Medizinprodukten

Bei DiGAs wird vor der DiGA-Studie oder dem Antrag auf Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis ein Evaluationskonzept gefordert. Dieses soll eine „systematische Datenauswertung neben einer systematischen Literaturrecherche und -bewertung auch den Einschluss eigener systematisch ausgewerteter Daten, die in der Anwendung der DiGA gewonnen wurden,“ umfassen.

Somit sind dies Daten aus dem klinischen Routinealltag der Anwendung der DiGA.

Auch Roche Diabetes nimmt zu diesem Thema Stellung:

Evaluierung des Nutzens digitaler Gesundheitsanwendungen über Real-World-Daten: Bei der Evaluierung des Nutzens digitaler Gesundheitsanwendungen sollte berücksichtigt werden, dass sich im Bereich der pharmakologischen Zulassungsverfahren zunehmend die Perspektive durchsetzt, dass randomisierte, kontrollierte Studien ein unvollständiges Abbild der Versorgungsrealität darstellen. Randomisierte, kontrollierte Studien sind dazu geeignet, valide Kausalitäten zwischen einer Intervention und ihrem Effekt herzustellen. Real-World-Daten (RWD) werden als potenzielle Quellen gesehen, um Einblicke darüber zu erhalten, wie zertifizierte Medizinprodukte und zugelassene Medikamente die Outcomes von Patienten in der realen Versorgung beeinflussen. Die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) diskutiert deshalb intensiv, wie RWD zukünftig bei der Lösung komplexer Fragestellungen integriert werden können...“

(Quelle: Roche Diabetes Politikportal, Zugriff am 30.03.2021)

Die fortschreitende Digitalisierung des Gesundheitswesens und eine daraus resultierende ansteigende Verfügbarkeit von digitalen Datensätzen bilden die Grundlage für einen zukünftig intensiveren Einsatz von RWD und RWE. Diese Entwicklungen eröffnen potentielle Chancen für neue Player im System: Plattformen für einen Datenaustausch zwischen Leistungserbringern und Institutionen werden notwendig, um RWE Daten zu generieren und zu verarbeiten (Meinert et al., 2018).

Aber nicht nur das DVG fordert solche Daten, auch die MDR mit der klinischen Nachbeobachtung (Post-Market Clinical Follow-up, PMCF). Diese soll nämlich kontinuierlich klinische Daten zum Medizinprodukt erheben, und zwar mit dem primären Ziel zu prüfen, ob die Anwendung in der Normal- oder Routineversorgung für eine bestimmte Patienten oder Anwender wirksam ist. Diesen Daten müssen deshalb den Routinealltag und die Routineversorgung gut widerspiegeln.

In Anhang IXV der MDR heißt es in Satz 1 von Teil B:
Die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen ist als ein fortlaufender Prozess zur Aktualisierung der klinischen Bewertung gemäß Artikel 61 und Teil A dieses Anhangs zu verstehen und wird im Plan des Herstellers zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen behandelt. Bei der klinischen Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen sammelt und bewertet der Hersteller auf proaktive Weise klinische Daten, die aus der Verwendung eines die CE-Kennzeichnung tragenden, im Rahmen seiner Zweckbestimmung gemäß dem einschlägigen Konformitätsbewertungsverfahren in den Verkehr gebrachten oder in Betrieb genommenen Produkts im oder am menschlichen Körper hervorgehen, um die Sicherheit und die Leistung während der erwarteten Lebensdauer des Produkts zu bestätigen, die fortwährende Vertretbarkeit der ermittelten Risiken zu gewährleisten und auf der Grundlage sachdienlicher Belege neu entstehende Risiken zu erkennen.“

Da im klinischen Routinealltag die Bedingungen meist andere als bei einer randomisierten, kontrollierten klinischen Prüfung sind, die in einem festgelegten Rahmen stattfindet, eignen sich randomisierte, kontrollierte klinische Prüfungen (randomized controlled trial, RCT) nur bedingt als PMCF-Studie. Deren Ergebnisse lassen nur limitiert auf die eigentliche Routineanwendung übertragen. Außerdem können so auch nicht unbedingt neue Risiken und Chancen sowie ein Off-Label Use ermittelt werden.

2.3 Regulierung bei Medizinprodukten?

Wie lassen sich solche Studien aber nun regulatorisch in Bezug auf Medizinprodukte einordnen? Hier sollte zunächst ein Exkurs in die evidenzbasierte Medizin gemacht werden.

 

Abbildung 1: Evidenzhierarchie nach evidenzbasierter Medizin (EbM), Quelle: DiGA Vademecum)

Zunächst wird dabei zwischen interventionellen und nicht-interventionellen Studien, sogenannten Beobachtungsstudien, unterschieden. Wird bei interventionellen Studien die Anwendung des Medizinproduktes bei einer bestimmten Population geplant und durchgeführt und sind alle Bedingungen dazu festgelegt, spricht man von einer interventionellen Studie. Ergebnisse sind hier immer auf die Intervention zurückzuführen. Interventionelle Studien sind somit oft vergleichend und stets prospektiv. Zu den Interventionsstudien gehört die viel­zitierte, vielgeforderte und wohl vielgefürchtete randomisierte kontrollierte Studie (Randomized Controlled Trial - RCT), der „Goldstandard" in der evidenzbasierten Medizin.

In Beobachtungsstudien wird keine geplante Intervention durchgeführt, sie werden daher auch nicht-interventionelle Studien genannt. Hier wird die Anwendung und der weitere Verlauf beim Patienten beobachtet und es werden entsprechende Schlussfolgerungen gezogen.

Bei Beobachtungsstudien wird also grundsätzlich keine Intervention gemäß klinischem Prüfplan durchgeführt, die Behandlung erfolgt ausschließlich nach der therapeutischen Praxis. Auch Beobachtungsstudien können sowohl vergleichend als auch nicht vergleichend durchgeführt werden; zudem können sie auch auf retrospektiven Daten basieren. Zu den bekanntesten nicht interventionellen Typen mit Kontrollgruppe gehören die Kohortenstudie und die Fall-Kontroll-Studie. Aber auch Register erheben Daten aus dem klinischen Routinealltag und werden anschließend retrospektiv ausgewertet.

Da die Ergebnisse von Beobachtungsstudien durch eine ganze Reihe von Verzerrungen (Bias) und Störfaktoren (Confounder) beeinflusst werden können, ist ihre interne Validität geringer als diejenige von Interventionsstudien. Ihre Evidenz ist jedenfalls in Bezug auf die Beantwortung der Frage nach dem klinischen Effekt einer konkreten Intervention grundsätzlich geringer als bei einer Interventionsstudie, da diese gerade die interne Validität bewertet. (Amboss, 2020)

Durch Beobachtung lassen sich Korrelationen feststellen; ein kausaler Zusammenhang ist damit jedoch nicht nachweisbar. Beobachtungsstudien sind im Vergleich zu Interventionsstudien in der Regel allerdings schneller und kostengünstiger durchführbar und verfügen im Vergleich zu Interventionsstudien über eine höhere externe Validität. Ohne den festgelegten Rahmen für die zu evaluierende Anwendung hat die Beobachtungsstudie zwar eine geringere interne Validität (und damit geringere Aussagekraft bzgl. der Wirksamkeit (Efficacy)), kann somit aber aber einen besseren Einblick in die Wirksamkeit im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten des klinischen Routinealltags geben.

Bei diesen so erhobenen Daten handelt es sich um „Echtweltdaten" (Real World Data – RWD). Die daraus gewonnene Evidenz wird entsprechend als „Real World Evidence" (RWE) genannt.

Regulatorisch gesehen lässt sich das Medizinprodukt nur im klinischen Routinealltag anwenden, wenn es mit einem CE-Zeichen versehen ist.  Der Beobachtungsstudie liegt kein klinischer Prüfplan zugrunde, sondern ein Beobachtungsplan. Somit trifft Artikel 74 der MDR nicht zu (§ 74 ist die Basis für klinische Prüfungen nach dem Inverkehrbringen, für die dennoch die in Anhang XV Kapitel II geforderten Dokumente erstellt werden müssen, z. B. der Prüfplan).

Bisher waren Beobachtungsstudien über § 23b MPG (Ausnahmen zur klinischen Prüfung) und der berufsrechtlichen Beratung nach § 15 der Berufsordnung für Ärzte (BO) reguliert. Dieser Paragraph fällt mit der MDR nun weg. Die MDR verweist in §82 (2) auf die Option der Mitgliedsstaaten, sonstige klinische Prüfungen auf lokaler Ebene zu regeln. Das deutsche Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz – MPEUAnpG tut das, in dem es „sonstige klinische Prüfungen, die bereits das CE-Zeichen tragen in § 47 definiert.  Dort ist auch klar formuliert, dass weder eine Anzeige bei der Bundesbehörde noch ein zustimmendes Votum der Ethikkommission von Nöten ist, wenn die Beobachtungsstudie die beiden folgenden Kriterien erfüllt:

  • die Teilnehmer werden keinen zusätzlichen (zur therapeutischen Routinebehandlung) Belastungen/Therapien ausgesetzt
  • das Medizinprodukt wird im Rahmen seiner Zweckbestimmung verwendet.

Was bleibt ist somit eine berufsrechtliche Beratung nach § 15 BO des Arztes, der die Beobachtungsstudie mit dem CE-gekennzeichneten Produkt gemäß Beobachtungsplan durchführt.

3. Was wir für Sie tun können

Da eine solche Datenerhebung von RWD ab dem 26. Mai 2021 nicht mehr reguliert ist und nicht unter das Dach der MDR fällt, bietet sie eine weitere Möglichkeit der Datenerhebung, um wiederum den P(ost) M(arket) C(linical) F(ollow-up)-Anforderungen der MDR gerecht zu werden.

Wir unterstützen Hersteller nicht nur beim Finden der richtigen Erhebungsmethode, sondern können auch in allen Punkten der Durchführung einer RWD-Beobachtungsstudie zur Seite stehen.

4. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

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Literaturquellen

Amboss (2020) Studientypen der medizinischen Forschung. URL: https://www.amboss.com/de/wissen/ Studientypen der medizinischen Forschung (Zugriff am 30.03.2021)

Meinert E, Alturkistani A, Brindley D, Knight P, Wells G, Pennington N. The technological imperative for value-based health care. British Journal of Hospital Medicine. 2018;79(6):328-32

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