Blog

Die Blogreihe der medXteam GmbH geht im neuen Jahr weiter und greift mit dem ersten Beitrag 2021 das Thema DiGA-Studien auf.

Zugrundeliegende Regularien

Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG)
Digitale Gesundheitsanwendungen-Verordnung (DiGAV)
DiGA-Leitfaden

1. Was ist eine DiGA?

Der Leitfaden gibt in Kapitel 2.1 eine Definition der „digitalen Helfer in den Händen der Patienten“. Demnach sind digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) Medizinprodukte der Risikoklasse I oder IIa (nach MDR oder, im Rahmen der Übergangsvorschriften bzw. bis zum Geltungsbeginn der MDR am 26.05.2021, nach MDD). Dabei beruht

  • die Hauptfunktion der DiGA auf digitalen Technologien.
  • Die DiGA ist keine digitale Anwendung, die lediglich dem Auslesen oder Steuern eines Gerätes dient; der medizinische Zweck muss wesentlich durch die digitale Hauptfunktion erreicht werden.
  • Die DiGA unterstützt die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen.
  • Die DiGA dient nicht der Primärprävention (siehe auch Kapitel 2.1.4 DiGA in der Prävention).
  • Die DiGA wird vom Patienten oder von Leistungserbringer und Patient gemeinsam genutzt, d. h. Anwendungen, die lediglich vom Arzt zur Behandlung der Patienten eingesetzt werden („Praxisausstattung“), sind keine DiGA.“

DiGA sind somit zugelassene Medizinprodukte, die ein CE-Zeichen tragen und somit die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen gemäß Anhang I der MDR erfüllt haben. Allerdings nur die Medizinprodukte der Klasse I und Klasse IIa. Auch die, die durch die MDR von Klasse I auf Klasse IIa hochgestuft werden. Doch alle Medizinprodukte der Klasse IIb und III und die, die unter der Richtlinie 93/42/EWG (MDD) unter die Klasse IIa fallen und mit der MDR in Klasse IIb und höher eingestuft werden, gehören nicht zu der Gruppe der DiGAs. Für diese kann keine Aufnahme in das Verzeichnis erfolgen.

2 Wie kommt die DiGA in das Erstattungsverzeichnis?

Das DiGA-Verfahren ist grundsätzlich nur mit einem CE-gekennzeichneten Produkt möglich. Der Hersteller kann nun entscheiden, ob er direkt und endgültig in das Verzeichnis aufgenommen werden möchte oder ob dies zunächst vorläufig geschehen soll.

Das Verfahren ist als sogenanntes „Fast-Track-Verfahren“ konzipiert.

 

Bild1-DiGA: Ablauf des Fast-Track-Verfahrens. Quelle: DiGA-Leitfaden von BfArM

Bild2-DiGA: Antrag auf endgültige Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis. Quelle: DiGA-Leitfaden von BfArM

Um als DiGA in das Erstattungsverzeichnis (DiGA-Verzeichnis) aufgenommen zu werden, sind verschiedene Anforderungen zu erfüllen und das Prüfverfahren beim BfArM muss erfolgreich durchlaufen werden. Dazu gehören unter anderem ein Evaluationskonzept und eine darauf aufbauende klinische Studie. Was bedeutet dies für die besagten Medizinprodukte? Wie können die Anforderungen erfüllt werden und wie kann das Verfahren am besten abgewickelt werden?

2.1 Was ist eine DiGA-Studie?

Neben den allgemeinen Anforderungen

  • Sicherheit und Funktionstauglichkeit
  • Datenschutz
  • Informationssicherheit
  • Interoperabilität

und weiteren Qualitätsanforderungen wie:

  • Robustheit
  • Verbraucherschutz
  • Nutzerfreundlichkeit
  • Unterstützung der Leistungserbringer
  • Qualität der medizinischen Inhalte
  • Patientensicherheit

muss der Hersteller einer DiGA nachweisen, welche positiven Versorgungseffekt realisiert werden. Der DiGA-Leitfaden definiert den positiven Versorgungseffekt folgendermaßen:

„Besonderer Schwerpunkt liegt, wie in der Definition der DiGA gemäß § 33a SGB V bereits angelegt, auf der Patientenzentrierung der nachzuweisenden Effekte. Sowohl medizinischer Nutzen als auch patientenrelevante Struktur und Verfahrensverbesserungen beziehen sich unmittelbar auf die Patienten und sind mittels entsprechender Endpunkte nachzuweisen.“

Ein medizinischer Nutzen (mN) ist demnach:

  • eine Verbesserung des Gesundheitszustands (z. B. Reduzierung von Schmerzen, Verbesserung von Symptomen, …),
  • eine Verkürzung der Krankheitsdauer (z. B. verkürzte Dauer der Krankschreibung, verkürzte Therapiedauer, …),
  • eine Verlängerung des Überlebens oder
  • eine Verbesserung der Lebensqualität.

Patientenrelevante Struktur und Verfahrensverbesserungen (pSVV) sind:

  1. Koordination der Behandlungsabläufe,
  2. Ausrichtung der Behandlung an Leitlinien und anerkannten Standards,
  3. Adhärenz,
  4. Erleichterung des Zugangs zur Versorgung,
  5. Patientensicherheit,
  6. Gesundheitskompetenz,
  7. Patientensouveränität,
  8. Bewältigung krankheitsbedingter Schwierigkeiten im Alltag

oder

  1. Reduzierung der therapiebedingten Aufwände und Belastungen der Patienten und ihrer Angehörigen.

2.2 Anforderungen an eine DiGA-Studie

Der Gesetzgeber stellt an eine DiGA-Studie besondere und klar definierte Anforderungen. Diese werden im DiGA-Leitfaden beschrieben:

  • Grundsätzlich ist eine klinische Studie durchzuführen, Publikationen alleine reichen nicht aus.
  • Der Hersteller muss in dieser Studie mindestens einen positiven Versorgungseffekt, der entweder aus dem Bereich des medizinischen Nutzens oder aus dem Bereich der patientenrelevanten Struktur und Verfahrensverbesserungen kommt, nachweisen.
  • Zunächst sind die Patientengruppe und somit die Indikationen für die DiGA, für welche die Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis beantragt wird, festzulegen. Nur für diese Indikationen erfolgt dann die Erstattung. Gemäß Leitfaden müssen die Definition und Eingrenzung dieser Patientengruppe „anhand einer oder mehrerer Indikationen nach ICD-10 erfolgen, wobei ausschließlich sowohl drei- als auch vierstellige Angaben zulässig sind.“
  • Die Studie muss eine Überlegenheitsstudie sein, da sie zeigen muss, dass die Anwendung der DiGA besser ist als die Nichtanwendung. Deshalb handelt es sich um eine kontrollierte klinische Studie: Die Auswahl der Vergleichs- oder Kontrollgruppe muss dabei an der Versorgungsrealität orientiert sein. Beim Vergleich mit einer Behandlung ohne Anwendung einer DiGA ist z. B. auch ein Vergleich mit der Standardbehandlung (dem Standard of Care) möglich. Oder der Vergleich versus Nichtbehandlung bietet sich dann an, wenn eine DiGA zum Beispiel eine Versorgung für Patientinnen und Patienten anbietet, die andernfalls in der Mehrzahl unbehandelt blieben und ggf. auf einen Therapieplatz warten würden.
  • Bei der Studie muss es sich um eine quantitative vergleichende Studie handeln und die gewählte Methodik muss adäquat zum gewählten Untersuchungsgegenstand sein. Folgenden Designs sind möglich:
    • beobachtende/analytische Studie: z. B. Fall-/Kontrollstudien, Kohortenstudien
    • experimentelle Interventionsstudie: z. B. nichtrandomisierte/randomisierte kontrollierte Studien
    • Metaanalysen in Auswertung auch eigener Primärdaten
  • Die DiGA-Studie kann einen prospektiven oder retrospektiven Ansatz haben. Letzteres beispielsweise dann, wenn das Medizinprodukt schon lange auf dem Markt ist und die passenden Daten in der geforderten Form (vergleichend) bereits mit der DiGA erhoben und entsprechend dokumentiert wurden).
  • Die DiGA-Studie muss in Deutschland durchgeführt werden: Entweder als PMCF-Studie, wenn das Medizinprodukt bereits zugelassen ist (Artikel 74 der MDR oder bis Mai 2021: § 23b MPG) ) oder als Zulassungsstudie zum Nachweis der Konformität des Medizinproduktes mit den grundlegenden Leistungs- und Sicherheitsanforderungen (Artikel 62 der MDR oder bis Mai 2021: §§ 20 – 23a MPG).
  • Die DiGA-Studie muss weiterhin in ein Studienregister eingetragen werden und die Ergebnisse sind vollständig zu veröffentlichen
  • Für die DiGA-Studie sind folgende Regularien für klinische Prüfungen mit Medizinprodukten anzuwenden:
    • DIN EN ISO 14155 „Klinische Prüfung von Medizinprodukten an Menschen – Gute Klinische Praxis“ und die Richtlinie der FDA „Design Considerations for Pivotal Clinical Investigations for Medical Devices“
    • Bei einer ärztlichen Beteiligung gelten die ethischen Grundsätze der Deklaration von Helsinki.
    • Es muss mindestens eine berufsrechtliche Beratung bei einer Ethik-Kommission durchgeführt werden (siehe PMCF-Studie - § 23b MPG!) oder unter der MDR mindestens dann eine Stellungnahme der Ethikkommission eingeholt werden (Artikel 74 der MDR).

Das zeigt die Schnittstelle zu den Medizinprodukte-Regularien und die mögliche Nutzung dieser so erhobenen klinischen Daten für das PMCF (oder für die Zulassung des Medizinprodukts. Es empfiehlt sich deshalb dringend die Einhaltung der ISO 14155 und der MPG-/MDR-Anforderungen.

3. Was wir für Sie tun können

Eine DiGA-Studie ist eine nationale Besonderheit, schon alleine deshalb, weil sie nur in Deutschland durchführt werden kann. Es ist auch eine Studienanforderung an Medizinprodukte, für die normalerweise bzw. in der Regel im Rahmen der Erfüllung der grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen für Medizinprodukte bei deren Nachweis in der klinischen Bewertung auf klinische Daten verzichtet werden kann. Stattdessen werden Leistungsdaten herangezogen.

Grundsätzlich holen wir DiGA-Hersteller dort ab, wo sie stehen und wir versuchen, regulatorische Medizinprodukte- mit DiGA-Anforderungen im Hinblick auf die klinische Studie möglichst miteinander zu verbinden, da ein solcher Aufwand durchaus für beide Bereiche genutzt werden kann. Somit können zwei Fliegen(MDR und DVG) mit einer Klappe geschlagen werden. Das fängt z. B. bei der Formulierung der richtigen Zweckbestimmung des Medizinprodukts an, um später bei Verhandlungen mit der Krankenkasse auch punkten zu können. Es geht mit der Einschätzung des richtigen Zeitpunkts der DiGA-Studie, mit dem Evaluationskonzept und der Studienplanung weiter und endet mit dem Nachweis des positiven Versorgungseffektes.

Deshalb erarbeiten wir mit den DiGA-Herstellern zunächst eine Strategie, wie sie auf ihrem Versorgungspfad nun optimal den positiven Versorgungseffekt nachweisen können. Und zwar abhängig von ihrer Ausgangssituation und von ihren Zielen.

4. Ausblick

Im nächsten Blogbeitrag werden wir uns einem wesentlichen Bestandteil der Planungsphase einer klinischen Prüfung, der statistischen Fallzahlplanung, detailliert zuwenden. 

5. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

Haben Sie jetzt schon erste Fragen?

Eine kostenfreie Erstberatung erhalten Sie hier: kostenlose Erstberatung 

Die Blog-Reihe zu den Typen klinischer Prüfungen wird im Dezember durch unser „Weihnachtsspezial“ unterbrochen. Hiermit möchten wir Sie umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Das Besondere an unserer Aktion ist dabei, dass der Beitrag bis Weihnachten wächst. Jede Woche kommen neue Abschnitte dazu. Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

Der erste Teil unseres Dezemberspecials gab Ihnen einen Leitfaden für das Antragsverfahren für klinische Prüfungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens bei der Bundesoberbehörde und der Ethikkommissionen. Der zweite Teil beschäftigte sich mit dem Antragsverfahren für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten. Der dritte Teil drehte sich um das Antragsverfahren bei sonstigen klinischen Prüfungen. Abschließen werden wir das Weihnachtsspezial heute nun mit dem Thema Safety Reporting bei klinischen Prüfungen, das explizit auch im MDCG-Dokument 2020-10/1 reguliert wird.

Abkürzungen.

BOB (Bundesoberbehörde)

EK (Ethikkommission)

KP (klinische Prüfung)

MDR (medical device regulation; Verordnung 2017/745)

MPEUAnpG (das Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz wurde am 25.05.2020 vom Bundestag als Gesetze verabschiedet. Dieses MPAnpG-EU beschreibt im Artikel 1 das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG))

MPDG (das MPDG wird das Medizinproduktegesetz (MPG) ab 26. Mai 2021 schrittweise ablösen und für alle Hersteller und Betreiber von Medizinprodukten in Deutschland rechtsverbindlich sein).

Teil 4: Safety Reporting bei klinischen Prüfungen - Artikel 82 MDR

1. Definitionen

Bei klinischen Prüfungen können jederzeit unerwünschte oder gar schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auftreten, von welchen letztere den Behörden zu melden sind. Die MDR definiert ein unerwünschtes Ereignis als 

... ein nachteiliges medizinisches Ereignis, eine nicht vorgesehene Erkrankung oder Verletzung oder nachteilige klinische Symptome, einschließlich anormaler Laborbefunde, bei Prüfungsteilnehmern, Anwendern oder anderen Personen im Rahmen einer klinischen Prüfung, auch wenn diese nicht mit dem Prüfprodukt zusammenhängen. 

Ein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis wird folgendermaßen definiert:

„schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis“ bezeichnet ein unerwünschtes Ereignis, das eine der nachstehenden Folgen hatte:

a) Tod,

b) schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustands des Prüfungsteilnehmers, die ihrerseits eine der nachstehenden Folgen hatte:

  1. lebensbedrohliche Erkrankung oder Verletzung,
  2. bleibender Körperschaden oder dauerhafte Beeinträchtigung einer Körperfunktion,
  3. stationäre Behandlung oder Verlängerung der stationären Behandlung des Patienten,
  4. medizinische oder chirurgische Intervention zur Verhinderung einer lebensbedrohlichen Erkrankung oder Verletzung oder eines bleibenden Körperschadens oder einer dauerhaften Beeinträchtigung einer Körperfunktion,
  5. chronische Erkrankung,

c) Fötale Gefährdung, Tod des Fötus oder kongenitale körperliche oder geistige Beeinträchtigungen oder Geburtsfehler. 

In klinischen Prüfungen definiert man nun noch weitere "Ereignisse":

„Produktmangel“ bezeichnet eine Unzulänglichkeit bezüglich Identifizierung, Qualität, Haltbarkeit, Zuverlässigkeit, Sicherheit oder Leistung eines Prüfprodukts, einschließlich Fehlfunktionen, Anwendungsfehlern oder Unzulänglichkeit der vom Hersteller bereitgestellten Information.

Auch das MDCG-Dokument definiert diese drei Ereignisse in Kapitel 3.

Unerwünschte Ereignisse werden mit "UE" abgekürzt. Im Englischen sind das "Averse events", die Abkürzung dazu laut "AE".

Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse werden mit "SUE" abgekürzt. Im Englischen spricht man von "serious Averse events", die mit "SAE" abgekürzt werden.

2. Welche Ereignisse müssen gemeldet werden?

2.1 Klinische Prüfungen nach Artikel 62 der MDR

Zunächst sind in klinischen Prüfungen alle Ereignisse zu dokumentieren. Dazu zählen:

  • alle unerwünschten Ereignisse
  • alle schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse
  • alle Produktmängel, die ggf. zu schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen hätte führen können
  • sowie alle neuen Erkenntnisse zum Produkt in Bezug auf das aufgetretene Ereignis 

Welche Ereignisse nun gemeldet werden müssen, geht aus Artikel 80 der MDR und dem MDCG-Dokument hervor:

Der Sponsor meldet unverzüglich über das in Artikel 73 genannte elektronische System allen Mitgliedstaaten, in denen die klinische Prüfung durchgeführt wird,

a) jedes schwerwiegende unerwünschte Ereignis, das einen Kausalzusammenhang mit dem Prüfprodukt, dem Komparator oder dem Prüfverfahren aufweist oder bei dem ein Kausalzusammenhang durchaus möglich erscheint,

b) jeden Produktmangel, der bei Ausbleiben angemessener Maßnahmen oder eines Eingriffs oder unter weniger günstigen Umständen zu schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen hätte führen können,

c) alle neuen Erkenntnisse in Bezug auf ein Ereignis gemäß den Buchstaben a und b. 

Meldepflichtige Ereignisse müssen vom Sponsor der klinischen Prüfung, der der Hersteller, der gesetzliche Vertreter oder eine andere Person6 oder Einrichtung sein kann, gemeldet werden.

Meldepflichtige Ereignisse müssen zur gleichen Zeit an alle Behörden gemeldet werden, bei denen die klinische Prüfung begonnen wurde. Dazu ist eine Auflistung in der im MDCG-Dokument vorgegebenen Tabelle vorzunehmen.

Die Fristen zur Meldung werden insbesondere in MDCG-2020/1 in Kapitel 8 definiert. Der Sponsor meldet jedes meldepflichtige Ereignis an die Behörden, in deren Zuständigkeitsbereich die klinische Prüfung durchgeführt wird (auch in anderen EU-Ländern und in Drittländern),

  • jedes meldepflichtige Ereignis das auf eine unmittelbare Todesgefahr, eine schwere Verletzung oder einer schwere Erkrankung hinweist und das sofortige Abhilfemassnahmen für andere Patienten/Probanden, Anwender oder andere Personen erfordert oder neue Erkenntnis hierzu: unverzüglich, jedoch nicht später als als 2 Kalendertage, nachdem der Sponsor Kenntnis von einem neuen meldepflichtigen Ereignis oder von neuen Informationen im Zusammenhang mit einem bereits gemeldeten Ereignis erlangt hatDies schließt signifikante und unerwartete Ereignisse ein, die eine potenzielle Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen können. Eingeschlossen ist auch die Möglichkeit des Auftretens mehrerer Todesfälle in kurzen Abständen.
  • Alle anderen meldepflichtigen Ereignisse oder eine neue Erkenntnis/Aktualisierung dazu: unverzüglich, jedoch nicht später als 7 Kalendertage nach dem Datum, an dem der Sponsor von dem neuen meldepflichtigen Ereignis oder von neuen Informationen im Zusammenhang mit einem bereits gemeldeten Ereignis Kenntnis erlangt hat.

Damit der Sponsor die Fristen einhalten kann, muss dieser dafür Sorge tragen, dass die Meldung der meldepflichtigen Ereignisse durch den Prüfer an den Sponsor unverzüglich, jedoch nicht später als 3 Kalendertage nach Kenntnisnahme des Ereignisses durch das Prüfpersonal des Prüfzentrums erfolgen kann. Dazu ist ein entsprechendes System einzurichten.

2.2 Klinische Prüfungen nach Artikel 74 der MDR

Bei den klinischen Prüfungen nach dem Inverkehrbringen (PMCF-Studien) gelten gemäß Artikel 80 Abschnitt 5 der MDR die Vigilanz-Bestimmungen der Artikel 87 bis 90 und der nach Artikel 91 erlassenen Rechtsakte.

Hier unterscheidet man zwischen den folgenden „Ereignissen“:

Gemäß MDR bezeichnet ein „Vorkommnis“

… eine Fehlfunktion oder Verschlechterung der Eigenschaften oder Leistung eines bereits auf dem Markt bereitgestellten Produkts, einschließlich Anwendungsfehlern aufgrund ergonomischer Merkmale, sowie eine Unzulänglichkeit der vom Hersteller bereitgestellten Informationen oder eine unerwünschte Nebenwirkung.

Ein

… „schwerwiegendes Vorkommnis“ bezeichnet ein Vorkommnis, das direkt oder indirekt eine der nachstehenden Folgen hatte, hätte haben können oder haben könnte: a) den Tod eines Patienten, Anwenders oder einer anderen Person, b) die vorübergehende oder dauerhafte schwerwiegende Verschlechterung des Gesundheitszustands eines Patienten, Anwenders oder anderer Personen, c) eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Gesundheit.

Gemäß Artikel 87 Abschnitt 1 der MDR ist

… jedes schwerwiegende Vorkommnis im Zusammenhang mit Produkten, die auf dem Unionsmarkt bereitgestellt werden, außer erwarteter Nebenwirkungen, die in den Produktinformationen eindeutig dokumentiert, in der technischen Dokumentation quantifiziert und Gegenstand der Meldung von Trends gemäß Artikel 88 der MDR sind,

zu melden.

Für die schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse, bei denen ein Kausalzusammenhang zwischen dem schwerwiegenden unerwünschten Ereignis und dem vorangegangenen Prüfverfahren hergestellt wurde, gelten jedoch die Meldeverfahren für klinische Prüfungen gemäß Artikel 80 der MDR.

Das MDCG-Dokument definiert meldepflichtige Ereignisse bei klinischen Prüfungen im Rahmen des PMCF somit als diejenigen schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse, bei denen ein kausaler Zusammenhang zwischen dem schwerwiegenden unerwünschten Ereignis und dem vorausgegangenen Prüfverfahren hergestellt wurde.

Gemäß Artikel 87 der MDR

… hängt die Frist, innerhalb deren die Meldung gemäß Absatz 1 des Artikels 87 zu erfolgen hat, von der Schwere des schwerwiegenden Vorkommnisses ab.

In Abschnitt 3 des Artikels 87 heißt es:

Die Hersteller melden jedes schwerwiegende Vorkommnis im Sinne des Absatzes 1 Buchstabe a unverzüglich, nachdem sie einen Kausalzusammenhang oder einen durchaus möglichen Kausalzusammenhang zwischen dem Vorkommnis und ihrem Produkt festgestellt haben, spätestens jedoch 15 Tage, nachdem sie Kenntnis von dem Vorkommnis erhalten haben.

Abschnitt 4:

Ungeachtet des Absatzes 3 erfolgt im Falle einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Gesundheit die Meldung gemäß Absatz 1 unverzüglich, spätestens jedoch zwei Tage, nachdem der Hersteller Kenntnis von dieser Gefahr erhalten hat.

Abschnitt 5:

Ungeachtet des Absatzes 3 erfolgt im Falle des Todes oder einer unvorhergesehenen schwerwiegenden Verschlechterung des Gesundheitszustands einer Person die Meldung unverzüglich, nachdem der Hersteller einen Kausalzusammenhang zwischen dem Produkt und dem schwerwiegenden Vorkommnis festgestellt hat oder sobald er einen solchen Zusammenhang vermutet, spätestens jedoch zehn Tage, nachdem er Kenntnis von dem schwerwiegenden Vorkommnis erhalten hat.

3. Kausalität

Der Zusammenhang zwischen der Anwendung des Medizinprodukts (einschließlich des medizinisch-chirurgischen Verfahrens) und dem Auftreten der einzelnen unerwünschten Ereignisse muss bewertet und kategorisiert werden.
Die Bewertung der Kausalität erfolgt im Rahmen des klinischen Urteilsvermögens des Prüfers. Dabei sind die relevanten Dokumente, wie z. B. das Handbuch des klinischen Prüfers (Investigator’s Brochure, IB), der klinische Prüfplan oder die Risikoanalyse und der Risikomanagementbericht zu Rate zu ziehen. Dort sind nämlich alle vorhersehbaren schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse und die potenziellen Risiken aufgelistet und wurden entsprechend bewertet. Das Vorhandensein von Störfaktoren, wie z. B. Begleitmedikation/-behandlung, der natürliche Verlauf der zugrundeliegenden Erkrankung, andere gleichzeitige Erkrankungen oder Risikofaktoren sind ebenfalls zu berücksichtigen.
Die obigen Überlegungen gelten auch für die schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse, die in der Kontrollgruppe auftreten.
Jedes schwerwiegende unerwünschte Ereignis wird nach vier verschiedenen Stufen der Kausalität klassifiziert:

1. Kein Zusammenhang
2. Möglicher Zusammenhang
3. Wahrscheinlicher Zusammenhang
4. Kausaler Zusammenhang

Folgende Definitionen finden für die Beurteilung des Zusammenhangs des schwerwiegenden unerwünschten Ereignisses mit dem Prüfprodukt, dem Kontrollprodukt oder dem Prüfverfahren Anwendung:

a. Kein Zusammenhang:

Ein Zusammenhang mit dem Produkt, dem Kontrollprodukt oder dem Prüfverfahren kann ausgeschlossen werden, wenn:

  • das Ereignis in keinem zeitlichen Zusammenhang mit der Anwendung des Prüfprodukts oder den mit der Anwendung des Prüfprodukts verbundenen Verfahren steht Prüfproduktes steht,
  • das schwerwiegende unerwünschte Ereignis folgt keinem bekannten Reaktionsmuster auf das Medizinprodukt (wenn das Reaktionsmuster zuvor bekannt war) und biologisch unplausibel ist,
  • die Beendigung der Anwendung des Medizinprodukts oder die Verringerung des Aktivierungs-/Expositionsgrades - wenn klinisch durchführbar -
    und die Wiedereinführung der Anwendung (oder die Erhöhung des Aktivierungs-/Expositionsniveaus) haben keinen Einfluss auf das schwerwiegende unerwünschte Ereignis,
  • das Ereignis sich auf eine Körperstelle oder ein Organ bezieht, die/das nicht durch das Produkt oder Verfahren beeinflusst werden kann,
  • das schwerwiegende unerwünschte Ereignis auf eine andere Ursache zurückgeführt werden kann (z. B. eine zugrundeliegende oder gleichzeitige Krankheit/ein klinischer Zustand, eine Wirkung eines anderen Produkts, Arzneimittels, einer Behandlung oder anderer Risikofaktoren),
  • das Ereignis nicht - falls zutreffend - von einem falschen Ergebnis des zur Diagnose verwendeten Prüfprodukts abhängt.

Um den Nicht-Zusammenhang festzustellen, müssen abhängig von der Art des Produkts/Verfahren und des schwerwiegenden unerwünschten Ereignisses möglicherweise nicht alle oben aufgeführten Kriterien gleichzeitig erfüllt werden.

b. Möglicher Zusammenhang:

Der Zusammenhang mit der Anwendung des Prüfprodukts oder des Kontrollprodukts oder der Zusammenhang mit den Verfahren ist schwach, kann aber
kann aber nicht vollständig ausgeschlossen werden. Alternative Ursachen sind ebenfalls möglich (z. B. eine zugrundeliegende oder gleichzeitige Erkrankung/klinischer Zustand oder/und eine Wirkung eines anderen Produkts, Medikaments oder einer Behandlung). Fälle, in denen der Zusammenhang nicht beurteilt werden kann oder keine Informationen vorliegen sollten ebenfalls als möglich eingestuft werden.

c. Wahrscheinlicher Zusammenhang:

Der Zusammenhang mit der Anwendung des Prüfprodukts oder des Kontrollprodukts oder der Zusammenhang mit Verfahren scheint relevant und/oder das Ereignis kann nicht durch eine andere Ursache vernünftig erklärt werden.

d. Kausaler Zusammenhang:

Das schwerwiegende unerwünschte Ereignis steht zweifelsfrei mit dem Prüfprodukt, dem Kontrollprodukt oder mit den Verfahren in Verbindung, wenn:

  • das Ereignis eine bekannte Nebenwirkung der Produktkategorie des Prüfprodukts oder ähnlicher Produkte und Verfahren ist,
  • das Ereignis in einem zeitlichen Zusammenhang mit der Verwendung/Anwendung des Prüfprodukts oder den Verfahren steht,
  • das Ereignis eine Körperstelle oder ein Organ betrifft,

          o an der das Prüfprodukt oder die Verfahren angewendet werden

          o auf die das Prüfprodukt oder die Verfahren eine Wirkung hat/haben

  • das schwerwiegende unerwünschte Ereignis einem bekannten Reaktionsmuster auf das Medizinprodukt folgt (wenn das Reaktionsmuster bereits bekannt ist),
  • die Unterbrechung der Anwendung des Medizinprodukts (oder die Verringerung des Aktivierungs-/Expositionsgrades) und die Wiedereinführung seiner Anwendung
    (oder Erhöhung des Aktivierungs-/Expositionsniveaus), Auswirkungen auf das schwerwiegende unerwünschte Ereignis (wenn klinisch möglich) hat,
  • andere mögliche Ursachen (z. B. eine zugrundeliegende oder gleichzeitige Erkrankung/klinischer Zustand oder/und eine Wirkung eines anderen Produkts, Arzneimittels oder einer Behandlung) in angemessener Weise ausgeschlossen werden konnten,
  • der Schaden für den Studienteilnehmer auf einen Anwendungsfehler zurückzuführen ist,
  • das Ereignis von einem falschen Ergebnis des zur Diagnose verwendeten Prüfprodukts abhängt.

Um den Zusammenhang festzustellen, müssen abhängig von der Art des Produkts/Verfahren und des schwerwiegenden unerwünschten Ereignisses möglicherweise nicht alle oben aufgeführten Kriterien gleichzeitig erfüllt werden.

4. Ausblick

Das war nun Teil 4 unseres „Weihnachtsspezials“ und und gleichzeitig der Abschluss des aufgeteilten Blog-Beitrags zu Änderungen durch die MDR. Auch damit werden wir Sie wieder umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Wenn Sie dazu Fragen haben, melden Sie sich gerne. Es steht wie immer unsere kostenlose Erstberatung zur Verfügung. Jetzt verabschiedet sich medXteam aber zunächst in die Weihnachtspause und wünscht allen Lesern ruhige, besinnliche Weihnachtstage. Kommen Sie gesund ins neue Jahr!

Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

5. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

Haben Sie jetzt schon erste Fragen?

Eine kostenfreie Erstberatung erhalten Sie hier: kostenlose Erstberatung 

Die Blog-Reihe zu den Typen klinischer Prüfungen wird im Dezember durch unser „Weihnachtsspezial“ unterbrochen. Hiermit möchten wir Sie umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Das Besondere an unserer Aktion ist dabei, dass der Beitrag bis Weihnachten wächst. Jede Woche kommen neue Abschnitte dazu. Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

Der erste Teil unseres Dezemberspecials gab Ihnen einen Leitfaden für das Antragsverfahren für klinische Prüfungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens bei der Bundesoberbehörde und der Ethikkommissionen. Der zweite Teil beschäftigte sich mit dem Antragsverfahren für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten. Im heutigen dritten Teil geht es nun um das Antragsverfahren bei sonstigen klinischen Prüfungen.

Abkürzungen.

BOB (Bundesoberbehörde)

EK (Ethikkommission)

KP (klinische Prüfung)

MDR (medical device regulation; Verordnung 2017/745)

MPEUAnpG (das Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz wurde am 25.05.2020 vom Bundestag als Gesetze verabschiedet. Dieses MPAnpG-EU beschreibt im Artikel 1 das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG))

MPDG (das MPDG wird das Medizinproduktegesetz (MPG) ab 26. Mai 2021 schrittweise ablösen und für alle Hersteller und Betreiber von Medizinprodukten in Deutschland rechtsverbindlich sein).

Teil 3: Antragsverfahren – Genehmigungsprozess für sonstige klinische Prüfungen - Artikel 82 MDR

1. Einleitung

Aktuell noch und bis zur Gültigkeit der MDR ab 21. Mai 2021 ist das Thema "sonstige klinische Prüfung" nicht reguliert. Und das, obwohl es Grundlagenforschung nicht erst seit der EU-Verordnung 2017/745 (Medical Device Regulation, MDR) im Jahre 2017 gibt. Aber klinische Prüfungen im Rahmen der Grundlagenforschung am Menschen, die nicht zur Bewertung von klinischer Leistung, Sicherheit und Nutzen durchgeführt werden, führten oftmals zu Unsicherheiten bei den jeweiligen Ethikkommissionen und zu einigen Projekten, die nicht umgesetzt werden konnten.

Das alles ändert sich nun mit der MDR: 

Die MDR reguliert dies nun im Artikel 82 mit den sog. „sonstigen klinischen Prüfungen“ (engl. „other clinical investigations“), dessen Umsetzung auf nationaler Ebene in Deutschland über das MPEUAnpG (Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz) in Kapitel 4, Unterabschnitt 2, § 47 bis § 61 detailliert wird. Dazu zählen auch die Antrags- und Genehmigungsverfahren für diesen klinischen Prüfungstyp, der sowohl mit einem Produkt in der Entwicklung, mit einem Prototypen oder aber auch mit CE-gekennzeichneten Produkten durchgeführt werden können. Das ist abhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die wissenschaftliche oder andere Fragestellung beantwortet werden soll.

2. Genehmigungsprozess für sonstige klinische Prüfungen mit Medizinprodukten (Artikel 82 MDR und MPEUAnpG § 47-53)

2.1 Definition: § 3 Satz 4 des MPEUAnpG

Eine „sonstige klinische Prüfung“ eines Produktes ist eine klinische Prüfung, die

a) nicht Teil eines systematischen und geplanten Prozesses zur Produktentwicklung oder der Produktbeobachtung eines gegenwärtigen oder künftigen Herstellers ist,

b) nicht mit dem Ziel durchgeführt wird, die Konformität eines Produktes mit den Anforderungen der Verordnung (EU) 2017/745 nachzuweisen,

c) der Beantwortung wissenschaftlicher oder anderer Fragestellungen dient und

d) außerhalb eines klinischen Entwicklungsplans nach Anhang XIV Teil A Ziffer 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2017/745 erfolgt.

„Sonstige klinische Prüfungen“ dienen somit NICHT zum Nachweis von Leistung, Sicherheit, Nutzen gemäß Artikel 62 Abschnitt 1 MDR. Sie sind somit nicht mit klinischen Prüfungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens (Artikel 62 Abs. 1 der MDR) oder mit klinischen Prüfungen in Bezug auf Produkte, die die CE-Kennzeichnung tragen (Artikel 74 der MDR) und somit PMCF-Studien gleichzusetzen!

Grundsätzlich gilt allerdings auch für „sonstige klinische Prüfungen“, dass das Prüfprodukt den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen entsprechen und sicher sein muss (§ 62 Abs. 4, Buchstabe l).

Die „sonstige KP“ müssen § 62 MDR Abs. 2, 3 und 4 Buchstaben b, c, d, f, h und l und Abs. 6 genügen.

Wer überprüft dies nun?

2.2 Welche Anträge müssen eingereicht werden?

Um zu überprüfen, ob Produkte/Prototypen, mit denen die sonstige klinische Prüfung durchgeführt werden soll, sicher sind und den o. g. Anforderungen genügen, ist folgendes zu beachten:

  • Die Anforderungen an eine sonstige KP sind in den §§ 47ff MPEUAnpG geregelt und im entsprechenden Blog-Beitrag aus dem November (Sonstige klinische Prüfungen mit Medizinprodukten) beschrieben.
  • Es ist auch hier eine zustimmende EK-Stellungnahme erforderlich (= Votum der EK).
  • Gemäß § 53 des MPEUAnpG ist nun auch eine Anzeige bei BfArM erforderlich:

„Eine sonstige klinische Prüfung ist nach § 47 Absatz 2 Nummer 2 vom Sponsor bei der zuständigen Bundesoberbehörde über das Deutsche Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystem nach § 86 anzuzeigen.“

  • Auch Änderungen müssen angezeigt werden (§ 54 MPEUAnpG).

Die Fristen für die EK-Stellungnahme sind dieselben wie bei klinischen Prüfungen nach Artikel 62 Abs. 1 der MDR (Teil 1 des Weihnachtsspezials).

Hinsichtlich der Anzeige bei BfArM unterrichtet

das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [...] über ein automatisiertes Verfahren die für den Sitz des Sponsors oder die für den Sitz seines rechtlichen Vertreters zuständige Behörde und die für die Prüfstellen zuständigen Behörden über eine Anzeige.

Es findet also lediglich eine Unterrichtung, doch keine Bewertung/Genehmigung etc. statt.

Der Unterabschnitt 2 - Titel 1 - § 47 Abs. 3 des MPEUAnpG definiert das Verfahren für sonstige klinische Prüfungen mit Produkten, die bereits die CE-Kennzeichnung nach Artikel 20 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/745 tragen, soweit die sonstige klinische Prüfung im Rahmen der von der CE-Kennzeichnung umfassten Zweckbestimmung durchgeführt wird und die Prüfungsteilnehmer über die normalen Verwendungsbedingungen des Produkts hinaus keinen zusätzlichen invasiven oder belastenden Verfahren unterzogen werden.

  • In diesem Fall ist keine Stellungnahme der Ethikkommission erforderlich.
  • Auch eine Anzeige bei der Bundesoberbehörde muss nicht erfolgen.

2.3 Was bedeutet das?

Bei sonstigen klinischen Prüfungen mit Prototypen, Medizinprodukten in der Entwicklung (ohne CE-Zeichen) oder mit deren Komponenten wird eine Stellungnahme von der EK wie bei einer Zulassungsstudie (s. Teil 1 des Weihnachtsspezials) gefordert. Das bedeutet, mit der Gültigkeit der MDR wird für sonstige klinische Prüfungen definitiv ein EK-Votum benötigt. (Artikel 62 Absatz 4 Satz b) Bei BfArM ist diese sonstige klinische Prüfung anzuzeigen (§ 47 MPEUAnpG).

Bei CE-gekennzeichneten Produkten wird bei sonstigen klinischen Prüfungen zur Beantwortung wissenschaftlicher oder anderer Fragestellungen weder ein EK-Votum noch eine Anzeige bei BfArM gefordert.

Doch Achtung: Sollten im Rahmen der sonstigen klinischen Prüfung zusätzliche invasive oder belastende Verfahren angewendet werden oder sollte das Medizinprodukt dabei außerhalb seiner Zweckbestimmung angewendet werden, so muss der Sponsor die sonstige klinische Prüfung bei BfArM anzeigen und bei der EK eine Stellungnahme einholen.

2.4 Welche Auswirkungen hat das?

Das für sonstige klinische Prüfungen mit nicht-CE-gekennzeichneten Medizinprodukte benötigte EK-Votum bedeutet eine vollumfängliche Prüfung auch der Qualifikation von Hauptprüfer und Prüfer: Die MDR selbst sagt hierzu nichts aus, diese Anforderungen ergeben sich aus den nationalen Regulierungen im § 30 des MPEUAnpG:

(4) Als Leiter einer klinischen Prüfung oder einer sonstigen klinischen Prüfung kann nur bestimmt werden, wer eine mindestens zweijährige Erfahrung in der klinischen Prüfung von Medizinprodukten nachweisen kann.

(5) Der Nachweis der [...] geforderten Qualifikation ist durch einen aktuellen Lebenslauf und durch andere aussagefähige Dokumente zu erbringen.

Das bedeutet, dass auch bei sonstigen klinischen Prüfungen, die ein EK-Votum benötigen, als Qualifikationsvoraussetzung eine zweijährige Erfahrung mit Medizinproduktestudien gefordert wird. Dies stellt somit auch bei diesen klinischen Prüfungen ab Mai 2021 eine größere Hürde dar.

3. Ausblick

Das war nun Teil 3 unseres „Weihnachtsspezial“ und diese Woche folgt dann noch ein weiterer Beitrag zum Sicherheitsreporting bei klinischen Prüfungen, das im Guidance Dokument MDCG 2020-10/1 detailliert reguliert wird. Auch damit werden wir Sie wieder umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Das Besondere an dieser Aktion ist, dass der Beitrag bis Weihnachten auch noch diese Woche mit Teil 4 wächst.

Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

4. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

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Die Blog-Reihe zu den Typen klinischer Prüfungen wird im Dezember durch unser „Weihnachtsspezial“ unterbrochen. Hiermit möchten wir Sie umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Das Besondere an unserer Aktion ist dabei, dass der Beitrag bis Weihnachten wächst. Jede Woche kommen neue Abschnitte dazu. Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

Der erste Teil unseres Dezemberspecials gab Ihnen einen Leitfaden für das Antragsverfahren für klinische Prüfungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens bei der Bundesoberbehörde und der Ethikkommissionen. Der heutige zweite Teil beschäftigt sich nun mit dem Antragsverfahren für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten.

Abkürzungen.

BOB (Bundesoberbehörde)

EK (Ethikkommission)

KP (klinische Prüfung)

MDR (medical device regulation; Verordnung 2017/745)

MPEUAnpG (das Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz wurde am 25.05.2020 vom Bundestag als Gesetze verabschiedet. Dieses MPAnpG-EU beschreibt im Artikel 1 das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG))

MPDG (das MPDG wird das Medizinproduktegesetz (MPG) ab 26. Mai 2021 schrittweise ablösen und für alle Hersteller und Betreiber von Medizinprodukten in Deutschland rechtsverbindlich sein).

Teil 2: Antragsverfahren – Genehmigungsprozess für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten - Artikel 74 MDR

1. Einleitung

Aktuell noch und bis zur Gültigkeit der MDR ab 21. Mai 2021 gelten für die Genehmigung klinischer Prüfungen aktuell die §§ 20 ff MPG für klinische Prüfungen, die in Deutschland durchgeführt werden. Für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten findet sich die "Ausnahme" zu klinischen Prüfungen nach § 20 MPG im § 23b MPG. Dieser deckt die sog. PMCF-Studien ab. Hierfür gilt außerdem die dem MPG untergeordnete MEDDEV Guideline für Post-Market Clinical Follow-up Studies (MEDDEV 2.12/2 Rev. 2). Das bedeutet, dass hier lediglich ein Antrag auf berufsrechtliche Beratung bei der für das Prüfzentrum und den Prüfer zuständigen Ethikkommission nach § 15 BO (Berufsordnung der Ärzte) zu stellen ist und die Ethikkommission (EK) kein Votum abgibt. Das gilt allerdings nur, wenn das Produkt im Rahmen dieser klinischen Prüfung im Rahmen seiner Zweckbestimmung angewendet wird und/oder keine zusätzlichen belastenden Untersuchungen stattfinden. Ist dies der Fall, greift wieder § 20 MPG. Das zeigen auch die beiden folgenden Abbildungen:

 

Abbildung 1: Bisheriger Genehmigungsprozess vor der CE-Kennzeichnung (Änderungen durch die MDR - Artikel)

 

 

Abbildung 2: Bisheriger Genehmigungsprozess nach der CE-Kennzeichnung (Änderungen durch die MDR - Artikel)

Das alles ändert sich nun mit der MDR, da dort das Genehmigungsverfahren und im zugehörigen MPDG das nationale Verfahren für die EKs beschrieben und festgelegt ist. In beiden Abbildungen oben sind dazu schon die entsprechenden Artikel der MDR aufgeführt. So verschwindet z. B. der § 23b MPG völlig. Das ist mit eine der größten Veränderungen und Auswirkungen durch die MDR, da die berufsrechtliche Beratung durch die Ethikkommission nun entfällt. Was hier zukünftig ab Mai 2021 zu beachten ist, wird nun im Folgenden beschrieben.

2. Genehmigungsprozess für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten - Artikel 74 MDR

Für die sogenannten „PMCF-Studien“ (Post-Market-Follow-up = klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen des Produktes) wird unterschieden, ob das Prüfprodukt innerhalb der Zweckbestimmung angewendet wird oder nicht. Bisher wurde hier der o. g. § 23b MPG und der § 7 der MPKPV angewendet. Beides wurde nicht ins MPAnpG übernommen (hier wird nur das nationale Antragsverfahren bei der EK geregelt), sondern in der MDR abgedeckt:

2.1 Das Medizinprodukt mit CE-Zeichen wird im Rahmen seiner Zweckbestimmung angewendet

Folgende Artikel der MDR kommen zur Anwendung:

  • Artikel 74 Absatz 1 und
  • dann gelten die Regeln des §62 Absatz 4, Buchstaben b bis k und m,
  • Artikel 75 bis 77 Artikel 80 Absatz 5 (Vigilanz) sowie
  • die Bestimmungen des Anhangs XV der MDR und hier die geforderten Dokumente aus Kapitel II

Was bedeutet das?

Es wird eine Stellungnahme von der EK wie bei einer Zulassungsstudie (s. Teil 1 des Weihnachtsspezials) gefordert. Das bedeutet, mit der Gültigkeit der MDR wird auch für PMCF-Studien ein EK-Votum benötigt. (Artikel 62 Absatz 4 Satz b)

Ein Antrag bei der BOB muss weiterhin unter diesen Voraussetzungen nicht gestellt werden.

Achtung: Sollten im Rahmen der PCMF Studie zusätzliche invasive oder belastende Verfahren angewendet werden, so muss der Sponsor mindestens 30 Tage vor Beginn der klinischen Prüfung die BOB informieren und die Unterlagen gemäß Anhang XV Kapitel II übermitteln. Bisher wurde das  über den § 23b MPG in Verbindung mit dem § 7 der MPKPV geregelt und BfArM führte lediglich eine weniger umfangreiche Überprüfung insbesondere im Hinblick auf die Sicherheitsaspekte der zusätzlichen belastenden Untersuchung durch.

Hier wird dann wie oben ein EK-Votum benötigt aber die Unterlagen müssen außerdem über EUDAMED bei BfArM eingereicht werden

Was bedeutet das?

Ein Votum der EK wird wie oben weiterhin benötigt und zusätzlich dazu muss nun ein Antrag auch bei BfArM über EUDAMED gestellt werden.

Die Antragsfristen sind diesbezüglich dieselben wie bei den klinischen Prüfungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens (s. Teil 1).

Welche Auswirkungen hat das?

Die Änderung hin zum EK-Votum bei PMCF-Studien bedeutet eine vollumfängliche Prüfung auch der Qualifikation von Hauptprüfer und Prüfer: Die MDR sagt in Artikel 62 Absatz 4 Satz j dazu:

die Verantwortung für die medizinische Versorgung der Prüfungsteilnehmer trägt ein Arzt mit geeigneter Qualifikation oder gegebenenfalls ein qualifizierter Zahnarzt oder jede andere Person, die nach nationalem Recht zur Bereitstellung der entsprechenden Patientenbetreuung im Rahmen einer klinischen Prüfung befugt ist...

Und das wird national im § 30 des MPAnpG noch detailliert:

(4) Als Leiter einer klinischen Prüfung oder einer sonstigen klinischen Prüfung kann nur bestimmt werden, wer eine mindestens zweijährige Erfahrung in der klinischen Prüfung von Medizinprodukten nachweisen kann.

(5) Der Nachweis der [...] geforderten Qualifikation ist durch einen aktuellen Lebenslauf und durch andere aussagefähige Dokumente zu erbringen.

Das bedeutet, dass zukünftig auch bei PMCF-Studien als Qualifikationsvoraussetzung eine zweijährige Erfahrung mit Medizinproduktestudien gefordert wird. Da dies im Rahmen der berufsrechtlichen Beratung der EK nach § 23b MPG und § 15 BO nicht gefordert war, stellt dies ab Mai 2021 eine größere Hürde auch für die Durchführung von PMCF-Studien dar.

2.2 Das Medizinprodukt mit CE-Zeichen wird außerhalb seiner Zweckbestimmung angewendet

Wird das CE-gekennzeichnete Produkt im Rahmen der Studie außerhalb seiner Zweckbestimmung angewendet (z. B. um klinische Daten für eine neue Indikation zu erheben), so gelten die Artikel 62 bis 81 wie bei einer Zulassungsstudie auch. Bisher wurde das ebenfalls über den § 23b MPG in Verbindung mit dem § 7 der MPKPV geregelt und BfArM führte lediglich eine weniger umfangreiche Überprüfung insbesondere im Hinblick auf die Sicherheitsaspekte der erweiterten Zweckbestimmung durch. Im Rahmen der MDR ändert sich dies nun und es gelten somit:

  • Artikel 62 bis 81, d. h. wie bei einer Zulassungsstudie (Teil 1 des Weihnachtsspezials)
  • Anhang XV und hier Dokumente aus Kapitel II

Es wird eine Stellungnahme von der EK wie bei einer Zulassungsstudie (s. Teil 1 des Weihnachtsspezials) gefordert. Außerdem muss wie bei Zulassungsstudien ein Antrag bei BfArM (über EUDAMED) gestellt werden.

Die Antragsfristen sind auch hier dieselben wie bei den klinischen Prüfungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens (s. Teil 1).

3. Ausblick

Das war nun Teil 2 unseres „Weihnachtsspezial“ und nächste Woche geht es dann weiter mit dem Genehmigungsverfahren bei sonstigen klinischen Prüfungen. Auch damit werden wir Sie wieder umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Das Besondere an unserer Aktion ist dabei, dass der Beitrag bis Weihnachten wächst. Jede Woche kommen neue Abschnitte mit weiteren Änderungen dazu.

Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

4. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

Haben Sie jetzt schon erste Fragen?

Eine kostenfreie Erstberatung erhalten Sie hier: kostenlose Erstberatung 

Die Blog-Reihe zu den Typen klinischer Prüfungen wird im Dezember durch unser „Weihnachtsspezial“ unterbrochen. Hiermit möchten wir Sie umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Das Besondere an unserer Aktion ist dabei, dass der Beitrag bis Weihnachten wächst. Jede Woche kommen neue Abschnitte dazu. Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

Der erste Teil unseres Dezemberspecials gibt Ihnen einen Leitfaden für die Antragsverfahren verschiedener Arten von bei der Bundesoberbehörde und der Ethikkommissionen:

Abkürzungen.

BOB (Bundesoberbehörde)

EK (Ethikkommission)

KP (klinische Prüfung)

MDR (medical device regulation; Verordnung 2017/745)

MPEUAnpG (das Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz wurde am 25.05.2020 vom Bundestag als Gesetze verabschiedet. Dieses MPAnpG-EU beschreibt im Artikel 1 das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG))

MPDG (das MPDG wird das Medizinproduktegesetz (MPG) ab 26. Mai 2021 schrittweise ablösen und für alle Hersteller und Betreiber von Medizinprodukten in Deutschland rechtsverbindlich sein).

Teil 1: Antragsverfahren – Genehmigungsprozess für klinische Prüfungen im Rahmen des Konformitätsverfahrens (Zulassungsstudien) - Artikel 62 Absatz 1 MDR

1. Einleitung

Aktuell noch und bis zur Gültigkeit der MDR ab 21. Mai 2021 gelten für die Genehmigung klinischer Prüfungen aktuell die §§ 20 ff MPG für klinische Prüfungen, die in Deutschland durchgeführt werden. Für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten findet sich die "Ausnahme" zu klinischen Prüfungen nach § 20 MPG im § 23b MPG. Dieser deckt die sog. PMCF-Studien ab. Hierfür gilt außerdem die dem MPG untergeordnete MEDDEV Guideline für Post-Market Clinical Follow-up Studies (MEDDEV 2.12/2 Rev. 2). Das bedeutet, dass hier lediglich ein Antrag auf berufsrechtliche Beratung bei der für das Prüfzentrum und den Prüfer zuständigen Ethikkommission nach § 15 BO (Berufsordnung der Ärzte) zu stellen ist und die Ethikkommission (EK) kein Votum abgibt. Das gilt allerdings nur, wenn das Produkt im Rahmen dieser klinischen Prüfung im Rahmen seiner Zweckbestimmung angewendet wird und/oder keine zusätzlichen belastenden Untersuchungen stattfinden. Ist dies der Fall, greift wieder § 20 MPG. 

Das alles ändert sich nun mit der MDR, da dort das Genehmigungsverfahren und im zugehörigen MPDG das nationale Verfahren für die EKs beschrieben und festgelegt ist.

2. Genehmigungsprozess für klinische Prüfungen im Rahmen des Konformitätsverfahrens (Zulassungsstudien) - Artikel 62 Absatz 1 MDR

2.1 Antrag bei der Ethikkommission nach § 33 MPDG über DIMDI (jetzt BfArM)

Einreichung der Dokumente aus Anhang XV Kapitel II der MDR

plus

  • eine deutsche Synopse (Kurzzusammenfassung der klinischen Prüfung)
  • deutsche Unterlagen zu den Prüfungsteilnehmern: 
    • Die Unterlagen für den Prüfungsteilnehmer (Probanden, Patienten) müssen in der deutschen Sprache verfasst sein (§ 38 MPDG).

Antragsfristen: (§ 36 MPDG)

Die EK prüft, ob der Antrag ordnungsgemäß ist und bestätigt diesen innerhalb von 10 Tagen.

Bei Mängeln hat der Sponsor eine Frist von 10 Tagen, um diese zu beheben. Die EK erarbeitet ihre Stellungnahme (ihr Votum) zum Antrag. Bei multizentrischen klinischen Prüfungen erfolgen die Stellungnahmen der weiteren beteiligten EKs innerhalb von 20 Tagen: "Soll die klinische Prüfung in mehr als einer Prüfstelle durchgeführt werden, bewertet die zuständige Ethik-Kommission den Antrag im Benehmen mit den
Ethik-Kommissionen, die nach Landesrecht für die Prüfer oder Hauptprüfer zuständig sind (beteiligte Ethikkommissionen). Die beteiligten Ethikkommissionen prüfen jeweils die Qualifikation der Prüfer und die Geeignetheit der Prüfstellen in ihrem Zuständigkeitsbereich.
Die Stellungnahmen der beteiligten Ethik-Kommissionen müssen der zuständigen Ethik-Kommission innerhalb von 20 Tagen nach Eingang des ordnungsgemäßen Antrags vorgelegt werden." Hier hat der Sponsor bei Mängeln eine Frist von 45 Tagen, um diese zu beheben.

Die EK "übermittelt dem Sponsor ihre Stellungnahme innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Eingang des ordnungsgemäßen Antrags." Diese Frist verlängert sich um 15 auf 45 Tage, wenn sich EK sich durch Sachverständigen beraten lässt.

Die EK prüft: (§ 34 und § 35 MPDG)

  • Ist der Antrag ordnungsgemäß?
  • Der Prüfplan und die erforderlichen Unterlagen werden insbesondere unter ethischen und rechtlichen Gesichtspunkten beraten und geprüft.
  • Darüber hinaus ist die EK verpflichtet, ein eindeutiges Votum vorzugeben (Zustimmung oder Ablehnung § 37 MPDG).

2.2 Antrag auf Genehmigung einer klinischen Prüfung bei der BOB nach Artikel 70 MDR über EUDAMED

Einzureichende Dokumente:

  • Dokumente aus Anhang XV Kapitel II, deutsch oder englisch.
  • Stellungnahme der EK (§ 37 MDG)

Das bedeutet, dass die Reihenfolge der Beantragung der klinischen Prüfung nun durch die MDR festgelegt wird: War bislang der Antrag parallel bei BOB und EK möglich, ist gemäß der MDR zunächst  das Votum der EK nach nationalen Vorgaben einzuholen. Dieses positive Votum ist dann bei der BOB zusammen mit den weiteren Dokumenten zur klinischen Prüfung einzureichen. Dieses Verfahren ist dem der Ethikkommission fortan nachgelagert.

Antragsfristen:

Die BOB prüft, ob der Antrag vollständig ist und bestätigt diesen (innerhalb von 10 Tagen).

  • Wenn der Antrag unvollständig ist: Der Sponsor hat eine Frist von 10 Tagen zur Behebung der Nachforderungen vonseiten der Behörde.
  • Eine Verlängerung um höchstens 20 Tage ist möglich.

Die BOB bestätigt innerhalb von 5 Tagen die Vollständigkeit (kann um weitere 5 Tage verlängert werden): Datum der Validierung des Antrags

  • Überprüfung durch BOB
    • weitere Dokumente können angefordert werden, die Frist wird für diese Zeit ausgesetzt

A. Verfahren bei Produkten der Klasse I und nicht invasive Klasse IIa

Wenn die BOB nicht innerhalb von 10 Tagen widersprochen hat, kann Sponsor mit der KP beginnen.

Dieses Verfahren ersetzt nun künftig das Verfahren nach § 7 MPKPV, das für Produkte der Klasse I und nicht invasive Produkte der Klasse II aktuell noch einen Antrag bei der BOB auf Befreiung von der Genehmigungspflicht über DIMDI (BfArM) vorsieht. Dies ist ein verkürztes und vereinfachtes Verfahren für niedrig klassifizierte Produkte.

B. Verfahren bei Produkten der Klasse IIa (invasiv), IIb und Klasse III

Wenn die BOB den Sponsor unterrichtet hat, kann er mit der klinischen Prüfung beginnen.

  • Die Frist der BOB beträgt hierfür 45 Tagen nach dem Datum der Validierung.
  • Zu einer Verlängerung dieser 45 Tage um weitere 20 auf 65 Tage kommt es, wenn die BOB sich durch Sachverständigen beraten lässt.

Die BOB prüft:

Der Prüfplan und die eingereichten Dokumente werden nach Maßgabe des Artikels 71 Abs. 1-3 der MDR geprüft.

3. Ausblick

Unser „Weihnachtsspezial“ hat gerade begonnen und beschäftigt sich nächste Woche mit der Änderung des Genehmigungsverfahren bei PMCF-Studien. Was geschieht mit dem § 23b MPG? Auch damit werden wir Sie wieder umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Das Besondere an unserer Aktion ist dabei, dass der Beitrag bis Weihnachten wächst. Jede Woche kommen neue Abschnitte mit weiteren Änderungen dazu.

Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

4. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

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