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Die Blog-Reihe zu den Typen klinischer Prüfungen wird im Dezember durch unser „Weihnachtsspezial“ unterbrochen. Hiermit möchten wir Sie umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Das Besondere an unserer Aktion ist dabei, dass der Beitrag bis Weihnachten wächst. Jede Woche kommen neue Abschnitte dazu. Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

Der erste Teil unseres Dezemberspecials gab Ihnen einen Leitfaden für das Antragsverfahren für klinische Prüfungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens bei der Bundesoberbehörde und der Ethikkommissionen. Der zweite Teil beschäftigte sich mit dem Antragsverfahren für klinische Prüfungen mit CE-gekennzeichneten Produkten. Im heutigen dritten Teil geht es nun um das Antragsverfahren bei sonstigen klinischen Prüfungen.

Abkürzungen.

BOB (Bundesoberbehörde)

EK (Ethikkommission)

KP (klinische Prüfung)

MDR (medical device regulation; Verordnung 2017/745)

MPEUAnpG (das Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz wurde am 25.05.2020 vom Bundestag als Gesetze verabschiedet. Dieses MPAnpG-EU beschreibt im Artikel 1 das Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MPDG))

MPDG (das MPDG wird das Medizinproduktegesetz (MPG) ab 26. Mai 2021 schrittweise ablösen und für alle Hersteller und Betreiber von Medizinprodukten in Deutschland rechtsverbindlich sein).

Teil 3: Antragsverfahren – Genehmigungsprozess für sonstige klinische Prüfungen - Artikel 82 MDR

1. Einleitung

Aktuell noch und bis zur Gültigkeit der MDR ab 21. Mai 2021 ist das Thema "sonstige klinische Prüfung" nicht reguliert. Und das, obwohl es Grundlagenforschung nicht erst seit der EU-Verordnung 2017/745 (Medical Device Regulation, MDR) im Jahre 2017 gibt. Aber klinische Prüfungen im Rahmen der Grundlagenforschung am Menschen, die nicht zur Bewertung von klinischer Leistung, Sicherheit und Nutzen durchgeführt werden, führten oftmals zu Unsicherheiten bei den jeweiligen Ethikkommissionen und zu einigen Projekten, die nicht umgesetzt werden konnten.

Das alles ändert sich nun mit der MDR: 

Die MDR reguliert dies nun im Artikel 82 mit den sog. „sonstigen klinischen Prüfungen“ (engl. „other clinical investigations“), dessen Umsetzung auf nationaler Ebene in Deutschland über das MPEUAnpG (Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz) in Kapitel 4, Unterabschnitt 2, § 47 bis § 61 detailliert wird. Dazu zählen auch die Antrags- und Genehmigungsverfahren für diesen klinischen Prüfungstyp, der sowohl mit einem Produkt in der Entwicklung, mit einem Prototypen oder aber auch mit CE-gekennzeichneten Produkten durchgeführt werden können. Das ist abhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die wissenschaftliche oder andere Fragestellung beantwortet werden soll.

2. Genehmigungsprozess für sonstige klinische Prüfungen mit Medizinprodukten (Artikel 82 MDR und MPEUAnpG § 47-53)

2.1 Definition: § 3 Satz 4 des MPEUAnpG

Eine „sonstige klinische Prüfung“ eines Produktes ist eine klinische Prüfung, die

a) nicht Teil eines systematischen und geplanten Prozesses zur Produktentwicklung oder der Produktbeobachtung eines gegenwärtigen oder künftigen Herstellers ist,

b) nicht mit dem Ziel durchgeführt wird, die Konformität eines Produktes mit den Anforderungen der Verordnung (EU) 2017/745 nachzuweisen,

c) der Beantwortung wissenschaftlicher oder anderer Fragestellungen dient und

d) außerhalb eines klinischen Entwicklungsplans nach Anhang XIV Teil A Ziffer 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) 2017/745 erfolgt.

„Sonstige klinische Prüfungen“ dienen somit NICHT zum Nachweis von Leistung, Sicherheit, Nutzen gemäß Artikel 62 Abschnitt 1 MDR. Sie sind somit nicht mit klinischen Prüfungen im Rahmen des Konformitätsbewertungsverfahrens (Artikel 62 Abs. 1 der MDR) oder mit klinischen Prüfungen in Bezug auf Produkte, die die CE-Kennzeichnung tragen (Artikel 74 der MDR) und somit PMCF-Studien gleichzusetzen!

Grundsätzlich gilt allerdings auch für „sonstige klinische Prüfungen“, dass das Prüfprodukt den grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen entsprechen und sicher sein muss (§ 62 Abs. 4, Buchstabe l).

Die „sonstige KP“ müssen § 62 MDR Abs. 2, 3 und 4 Buchstaben b, c, d, f, h und l und Abs. 6 genügen.

Wer überprüft dies nun?

2.2 Welche Anträge müssen eingereicht werden?

Um zu überprüfen, ob Produkte/Prototypen, mit denen die sonstige klinische Prüfung durchgeführt werden soll, sicher sind und den o. g. Anforderungen genügen, ist folgendes zu beachten:

  • Die Anforderungen an eine sonstige KP sind in den §§ 47ff MPEUAnpG geregelt und im entsprechenden Blog-Beitrag aus dem November (Sonstige klinische Prüfungen mit Medizinprodukten) beschrieben.
  • Es ist auch hier eine zustimmende EK-Stellungnahme erforderlich (= Votum der EK).
  • Gemäß § 53 des MPEUAnpG ist nun auch eine Anzeige bei BfArM erforderlich:

„Eine sonstige klinische Prüfung ist nach § 47 Absatz 2 Nummer 2 vom Sponsor bei der zuständigen Bundesoberbehörde über das Deutsche Medizinprodukteinformations- und Datenbanksystem nach § 86 anzuzeigen.“

  • Auch Änderungen müssen angezeigt werden (§ 54 MPEUAnpG).

Die Fristen für die EK-Stellungnahme sind dieselben wie bei klinischen Prüfungen nach Artikel 62 Abs. 1 der MDR (Teil 1 des Weihnachtsspezials).

Hinsichtlich der Anzeige bei BfArM unterrichtet

das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [...] über ein automatisiertes Verfahren die für den Sitz des Sponsors oder die für den Sitz seines rechtlichen Vertreters zuständige Behörde und die für die Prüfstellen zuständigen Behörden über eine Anzeige.

Es findet also lediglich eine Unterrichtung, doch keine Bewertung/Genehmigung etc. statt.

Der Unterabschnitt 2 - Titel 1 - § 47 Abs. 3 des MPEUAnpG definiert das Verfahren für sonstige klinische Prüfungen mit Produkten, die bereits die CE-Kennzeichnung nach Artikel 20 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/745 tragen, soweit die sonstige klinische Prüfung im Rahmen der von der CE-Kennzeichnung umfassten Zweckbestimmung durchgeführt wird und die Prüfungsteilnehmer über die normalen Verwendungsbedingungen des Produkts hinaus keinen zusätzlichen invasiven oder belastenden Verfahren unterzogen werden.

  • In diesem Fall ist keine Stellungnahme der Ethikkommission erforderlich.
  • Auch eine Anzeige bei der Bundesoberbehörde muss nicht erfolgen.

2.3 Was bedeutet das?

Bei sonstigen klinischen Prüfungen mit Prototypen, Medizinprodukten in der Entwicklung (ohne CE-Zeichen) oder mit deren Komponenten wird eine Stellungnahme von der EK wie bei einer Zulassungsstudie (s. Teil 1 des Weihnachtsspezials) gefordert. Das bedeutet, mit der Gültigkeit der MDR wird für sonstige klinische Prüfungen definitiv ein EK-Votum benötigt. (Artikel 62 Absatz 4 Satz b) Bei BfArM ist diese sonstige klinische Prüfung anzuzeigen (§ 47 MPEUAnpG).

Bei CE-gekennzeichneten Produkten wird bei sonstigen klinischen Prüfungen zur Beantwortung wissenschaftlicher oder anderer Fragestellungen weder ein EK-Votum noch eine Anzeige bei BfArM gefordert.

Doch Achtung: Sollten im Rahmen der sonstigen klinischen Prüfung zusätzliche invasive oder belastende Verfahren angewendet werden oder sollte das Medizinprodukt dabei außerhalb seiner Zweckbestimmung angewendet werden, so muss der Sponsor die sonstige klinische Prüfung bei BfArM anzeigen und bei der EK eine Stellungnahme einholen.

2.4 Welche Auswirkungen hat das?

Das für sonstige klinische Prüfungen mit nicht-CE-gekennzeichneten Medizinprodukte benötigte EK-Votum bedeutet eine vollumfängliche Prüfung auch der Qualifikation von Hauptprüfer und Prüfer: Die MDR selbst sagt hierzu nichts aus, diese Anforderungen ergeben sich aus den nationalen Regulierungen im § 30 des MPEUAnpG:

(4) Als Leiter einer klinischen Prüfung oder einer sonstigen klinischen Prüfung kann nur bestimmt werden, wer eine mindestens zweijährige Erfahrung in der klinischen Prüfung von Medizinprodukten nachweisen kann.

(5) Der Nachweis der [...] geforderten Qualifikation ist durch einen aktuellen Lebenslauf und durch andere aussagefähige Dokumente zu erbringen.

Das bedeutet, dass auch bei sonstigen klinischen Prüfungen, die ein EK-Votum benötigen, als Qualifikationsvoraussetzung eine zweijährige Erfahrung mit Medizinproduktestudien gefordert wird. Dies stellt somit auch bei diesen klinischen Prüfungen ab Mai 2021 eine größere Hürde dar.

3. Ausblick

Das war nun Teil 3 unseres „Weihnachtsspezial“ und diese Woche folgt dann noch ein weiterer Beitrag zum Sicherheitsreporting bei klinischen Prüfungen, das im Guidance Dokument MDCG 2020-10/1 detailliert reguliert wird. Auch damit werden wir Sie wieder umfassend über die wichtigen Änderungen in Bezug auf klinische Prüfungen durch die MDR noch dieses Jahr informieren, damit Sie für 2021 gewappnet sind.

Das Besondere an dieser Aktion ist, dass der Beitrag bis Weihnachten auch noch diese Woche mit Teil 4 wächst.

Im Januar wird es dann mit dem Thema DiGA-Studien weitergehen.

4. Wie wir Ihnen helfen können

Ob überhaupt und wenn ja welche klinische Prüfung unter welchen Voraussetzungen und gemäß welchen Anforderungen durchgeführt werden muss, klären wir bei medXteam im Rahmen der Pre-Study Phase: In 3 Schritten ermitteln wir die richtige und kosteneffiziente Strategie in Bezug auf die in Ihrem Fall erforderliche klinische Datenerhebung.

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